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Science Fiction

Kapitel 2 -Klappe zu, Affe tot…-

FOG
© Dan Prescot

20 Kilometer sollten reichen. Gleich würde die Sonne aufgehen. Um diese Tageszeit ist man am einfachsten zu entdecken. Durch den klaren Kontrast bei einem Infrarotscan in der noch nachtkühlen Umgebung und meinem vom Gewaltmarsch erhitzten Körper, bin ich ein einfach auszumachendes Ziel. Ich schaue mich nach einer geeigneten Deckung um. Möglichst etwas natürliches, ein Überhang oder Wurzelwerk eines umgestürzten Baumes. Eine Weile gehen ich noch an dem Hang entlang, bis ich die geeignete Stelle entdecke. Ein Baum hat mit seinen Wurzeln den steinigen Boden überwachsen und so einen kleinen, natürlichen Überhang gebildet. Dadurch bin ich den Blicken von oben fast vollständig verborgen. Den Rest erledigt mein Poncho. Nachdem ich einiges Geröll und abgestorbene Astwerk entfernt habe, streife ich den Poncho über und rollen mich so gut es geht, in dem Überhang zusammen. Gerne würde ich noch etwas essen, doch ich bin zu müde.

*

Unteroffizier Leun beobachtete den Wohnblock durch sein Fernglas. Gefühlt glitt sein Blick zum wiederholten Male über die zum Teil noch intakten Fensterfronten. Auch wir konnten es förmlich fühlen, hier stimmte irgendetwas nicht. Die Umgebung war ruhig, zu ruhig. Es fehlten die Geräusche der Natur. Nirgends war ein Laut zu hören.

Er setzte das Fernglas ab und kniff die Lippen zusammen. Er musste handeln. In 2h musste unser Spähtrupp das Flussufer erreicht haben.

Hauser, Cemdir! Los, erkunden, vorsichtig. Bei dem geringsten Anzeichen einer Gefahr zieht ihr euch sofort zurück! Ist das klar?“

Wir nickten beide und drückten uns an der Häuserfassade entlang, in geduckter Haltung, vorsichtig Richtung Wohnblockecke. Als wir diese endlich erreichten, fehlte mir schon die Luft. Klar, es ist nicht einfach sich in der Haltung vorzuarbeiten, doch das machten wir täglich! Ein kurzer Blick zu Cemdir genügte, um zu wissen, dass es ihm genauso ging wie mir. Beide schwitzten wir aus allen Poren. Cemdir versuchte ein Hustenreiz zu unterdrücken. Als es wieder ging hasteten wir über die Straße und drückten uns wieder an die Häuserwand. Das Gefühl keine Luft zu bekommen war nun überwältigend. Cemdir sah mich mit schreckgeweiteten Augen an. Nun sah ich was er vermutlich auch in meinem Gesicht sehen konnte. Langsam ich erkennen, wie sich sein Gesicht blau verfärbte. Mir wurde schwindlig, weshalb ich nach Halt an der Fassade tastete. Einige Augenblicke später musste ich mich anlehnen und dann schließlich rutschte ich an der Hauswand runter. Ich bekam einfach keine Luft mehr! Mit offenen Mund schnappte ich nach Sauerstoff, füllte meine Lungen mit ihr und erstickte trotzdem langsam. Mein Gesichtsfeld engte sich immer weiter ein, das wahrgenommene Bild flirrte, meine Gedanken wurden konfuser und in mir verbreitete sich die Panik. Irgendwann packte mich irgendetwas grob an Unterarm und riss mich zurück. Es gab Blackouts, einige flüchtige Eindrücke zwischendurch.

*

Voller Entsetzen ringe ich nach Luft, fülle meine Lunge ganz tief. Immer noch steht mir der Schweiß auf der Stirn. Doch diesmal ist es aufgrund der mittlerweile herrschenden Temperatur. Dadurch das ich mich in den Poncho eingewickelt habe, staut sich die Körperwärme und bei den mittlerweile fast 20 Grad, habe ich das Gefühl zu ersticken. Schnell reiße ich den Poncho über den Kopf und die leichte Brise kühlt meinen von Schweiß bedeckten Körper. Langsam beruhige ich mich. Nach einigen Augenblicken konzentriere ich mich auf meine Umgebung. Ein leichtes Rascheln der Blätter in den Baumkronen von dem mittlerweile leichten Wind des Spätfrühlings. Insekten schwirren durch die Luft, sogar einige Vögel zwitschern in dem Wäldchen, in dem ich mich zurückgezogen habe. Langsam beruhige ich mich von den Auswirkungen des Traums und finde in das Jetzt. Ich erinnere mich an den Einsatz damals. Wir erfuhren später was vorgefallen war. In einem Handyumsetzer für 5G war eine Frequenz von 600GHz eingespeist worden, was die Sauerstoffatome so hoch schwingen ließ, dass die Lungenbläschen nicht mehr in der Lage wahren, den Sauerstoff aufzunehmen. Cemdir und ich waren damals nur durch die Geistesgegenwart unseres Unteroffiziers von unseren Kameraden gerettet worden. Die Anwohner in diesem Block aber, waren einfach innerhalb von wenigen Minuten umgefallen und erstickt.

Mein Magen knurrt. Um den Schlaf habe ich mich gekümmert, jetzt brauche ich Nahrung. Die Proteinriegel hängen mir zum Halse raus. Außerdem sehne ich mich nach etwas Warmen. Im Nuh ist der Esbitkocher aus dem EDC, dem every day carry geholt und etwas Wasser in dem Essgeschirr heiß gemacht. Einige lose Zutaten wie Reis, Instantbrühe, getrocknete Tomaten und ein wenig Öl, zusammen in meine Termoskanne gefüllt. Diese stecke ich in meinen Rucksack zwischen meine Wechselwäsche, um sie zusätzlich zu isolieren. Den Kocher und das Essgeschirr verstaue ich wieder in den unteren Bereich des Rucksacks, nachdem diese soweit abgekühlt sind, dass ich sie wieder anfassen kann. Den Poncho ziehe ich mir wieder über. Mir ist zwar noch warm, aber jetzt unvorsichtig werden, bedeutet unter Umständen ein hohes Risiko einzugehen. Schnell stopfe ich mir noch eine kleine Handvoll Studentenfutter in den Mund und überlege während ich kaute in welche Richtung ich zu gehen habe. Bis der Reis durch gegart ist, braucht es wohl noch 1,5 – 2h. In der Zeit schaffe ich, je nach Gelände 2 – 4 km, da ich mich nun vorsichtiger bewegen musste. Sehnsüchtig überlege ich, mir eine weitere Handvoll Studentenfutter zu erlauben, lasse es jedoch sein. Da meine Vorräte begrenzt sind und mir so einiges langsam ausgeht, beschließe ich, mich auf eine warme Mahlzeit gegen 9:00 Uhr zu freuen. Im Aufstehen greife ich den gepackten Rucksack und gehe einige Meter, als mich ein unangenehmes Geräusch alarmiert, zurück in meine Deckung zu gehen. Drohnen!

Ich schiebe den Rucksack nach hinten und setze mich vor ihn, um die warme Termoskanne mit dem Isogeflecht in dem Poncho abzuschirmen. Es muss ein ganzer Scharm sein, bei diesem Getöse. Wer immer die Militärdrohne gestern vom Himmel geholt hatte, hier kommt die Antwort! Sicherlich sind die Drohnen, kleine billigere Geräte, mit einer Tragkraft von vielleicht 500 – 1000g Nutzlast, mit unterschiedlichen Equipments ausgestattet. Ortende, mit IR, Ultraschall, hochauflösende Kameras und Ähnlichem. Natürlich welche mit Sprengstoffen, wie Granaten oder irgendetwas mit Aufschlagzünder. Andere mit Minigeschützen und Flammenwerfer, wahrscheinlich sogar Gas zum betäuben oder chemische Kampfstoffe. Den Geräuschen nach zu urteilen war der Schwarm ca. 30 bis 50 Einheiten groß. In Verbindung mit der Kampfdrohne von gestern, ließ das auf eine militärische Präsenz schließen, die keine Nachschubprobleme hat. Vielleicht die Amerikaner oder doch die Russen? Aber auch China ist denkbar. Nahöstlich halte ich für unwahrscheinlich. Dafür ist der Aufwand zu hoch, meiner Erfahrung nach, wird bei denen eher mit der `zuschlagen und verschwinden´ Taktik gearbeitet.

Meine augenblickliche Position liegt an deren äußeren Rand der Aufklärung, entschärft jedoch nicht die augenblickliche Situation. Vermutlich werden sie den Aufklärungsradius erweitern, sobald ihre Suche erfolglos ist. Für mich bedeutet das dann, dass es eng wird. Einerseits bin ich ganz froh nicht ohne Deckung, vielleicht sogar auf freier Fläche erwischt worden zu sein. Anderseits ist das kleine Wäldchen sehr schnell ein lohnendes Ziel, sollte die Umgebung nichts ergeben.

Dann ist der Schwarm vorüber. Das lästige, beunruhigende Summen, der Vergleich mit Mücken drängt sich auf, entfernt sich von meinem Versteck. Ich warte. Als der Ton verschwunden ist, verlasse ich die Deckung, schultere meinen Rucksack. Etwa 500 Meter zurück, bis ich den Waldrand erreiche. Den Rest bis zur freien Sicht robbe ich, nehme mein altes Fernglas zur Hand und suche die Punkte am Himmel. Als ich sie entdecke, bekomme ich eine Gänsehaut. Nahezu 50 Drohnen schweben regungslos am Himmel. Näher als mir lieb ist. Sollten sie plötzlich umkehren, hätte ich Schwierigkeiten den Unterschlupf rechtzeitig zu erreichen.

Beinahe 3 Minuten beobachte ich den Schwarm. Wieso passiert nichts? Die Akkus halten nicht ewig und entweder sie suchen weiter oder unternehmen etwas. Doch weitere 10 Minuten bleiben sie regungslos am Himmel. Plötzlich kippen die ersten Drohnen zur Seite und streben mit Höchstgeschwindigkeit zu Boden. Einige explodieren, andere zerschellen einfach. In schneller Folge leert sich der Himmel, bis die letzte Drohne aufschlägt. Dann ist der Spuk vorbei.

Irgendjemand da hinten benutzt einen Jammer! Dabei wird die Kommunikation mit dem Empfänger der Drohnen gestört und anschließend übernommen. Das ist Spitzentechnologie! Mittlerweile steigt meine Achtung vor den Gejagten ein ordentliches Stück. Da ist tatsächlich jemand, der genau weiß was, er macht.

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