Kategorien
Lovestory Science Fiction

Kapitel 9.1 -Synchronizitäten – Oben, wie unten…-

© Lucienne

260 Km/h.

Thore ist ein Adrenalin-Junkie und es gefällt mir. Ein Seitenblick zu seinem Profil zeigt mir, mit welcher Konzentration er den Wagen in der Spur hält.

280Km/h.

Als ich wieder durch die Windschutzscheibe schaue, huschen die Fahrzeuge rechts an mir vorbei. Ein leichtes Lächeln gleitet über mein Gesicht. Gleich wird er runter schalten, der Motor wird aufbrüllen und mit einem weiteren Ruck wird das Fahrzeug nach vorne getrieben. Das Kribbeln im Bauch wird zunehmen und mich vergessen machen. Die Beschleunigung lässt nach, gleich ist es soweit. Aus der Innentasche meiner Jacke nehme ich das Tütchen mit den Tabletten. Gleich. Als ich die Tablette in meinem Mund schmecke, schaltet Thore. Der Drehzahlmesser spring in den roten Bereich, der Tacho klettert auf 305 Km/h. Ich lächle. Das Kribbeln ist da, verstärkt von der Tablette und dem roten Kleinwagen vor uns, der auf die Überholspur zieht.

*

Es ist warm. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, doch die Dämmerung bringt das erste Licht. Vermutlich wird es wieder über 35° Grad. Die Wellen brechen sich am Strand. Widerwillig richte ich mich auf meiner Decke auf. Noch gleicht das Meer einer grauen, bleiernen Masse, doch in wenigen Stunden wird aus der bedrohlichen Masse ein kristallklarer Traum. Menschen werden den Strand in Besitz nehmen und irgendwie werde ich einen weiteren Tag überleben. Meistens ergibt sich eine Gelegenheit an einige Münzen zu gelangen. Dennoch fürchte ich den Tag an dem ich die letzte Grenze überschreite, mir keine Möglichkeit mehr bleibt. Meine Gedanken kehren zu dem Augenblick zurück, als ich mit meiner Familie brach. Als alles eskalierte und ich mit nur einer Handvoll Habseligkeiten abhaute. Seitdem habe ich mich nicht mehr gemeldet, treibe durch das Leben, durch die Welt. Ich bemerke, wie Tränen über meine Wange rinnen. Die Dämmerung ist immer die schwerste Zeit.

*

Erschrocken über die Intensität der Träume, fahre ich auf. 6:06 Uhr! Mit dem Blick auf die Uhr stelle ich fest, das ich gerade mal 3 Stunden geschlafen habe. Meine Mutter kann ich hören wie sie das Bad verlässt. Sie hat Frühschicht, wahrscheinlich hat sie gegessen und gerade die Zähne geputzt. Als nächstes wird sie die Jacke anziehen und das Haus verlassen.

Mom?“

Rufe ich und springe aus dem Bett. Die Tür wird geöffnet und der Kopf meiner Mutter erscheint in dem Türspalt.

Was ist denn? Sei nicht so laut du weckst noch Didi!“

Die Tür aufreißend, nehme ich sie in die Arme. Der dunkle Schatten der Alpträume schnürt mir die Kehle zu. Nie würde ich mit meiner Familie brechen, nie!

Oh Mom.“

Gestern Abend habe ich mich in den späten Schlaf geweint und heute Morgen liegt mit den dunklen Träumen der Schatten der letzten Nacht auf meinem Gemüt.

Kind was ist den? Alpträume?“

Heftig nicke ich mit den Kopf und schluchze auf. Bestimmt hat sie noch keine Ahnung, was mich in den letzten Tagen bewegte. Das Hochgefühl und der tiefe Fall. Didi wird ihr nichts verraten haben, dazu kenne ich meine kleine Schwester zu gut.

Soll ich dir was Warmes zu trinken machen?“

Wieder nicke ich heftig.

Schokolade!“

Meine Mutter schiebt mich von sich, mit beiden Händen mich fest an den Schultern fassend, blickt mir ins Gesicht.

So schlimm?“

Stumm nicke ich wieder, wage nicht sie anzublicken. Sie sagt nichts weiter, mustert nur mein gerötetes, verquollenes Gesicht. Dann führt sie mich an den Schultern in die Küche, setzt mich auf einen Küchenstuhl. Sie zieht ihre Jacke aus, setzt einen Topf auf den Herd, den sie mit Milch füllt. Während die Herdplatte die Milch erwärmt, holt sie meine Lieblingstasse aus dem Schrank und füllt zwei Löffel Kakao in die Tasse. Wenige Momente später steigt der Dampf auf und sie füllt die warme Milch in die Tasse, rührt um. Als sie die Tasse vor mir abstellt, setzt sie sich auf dem Küchenstuhl neben mir. Mit beiden Händen führe ich die Tasse an den Mund und nehme einen tiefen Schluck. Der Kakao hat genau die richtige Temperatur. Warm genug um mich ein wenig zu lösen, kühl genug um ihn mit tiefen Zügen zu trinken. Meine Mutter schaut mir geduldig zu. Sie weiß längst, dass nicht die Alpträume der Grund meines Gemütszustandes sind. So sehr ich mich auch versuche dagegen zu verschließen, schluchze ich erneut auf. Die Tasse abstellend, werfe ich mich erneut in ihre Arme. Sie streicht mir über den Kopf.

Oh je.“

*

-Kapitel 8.2-                                                                 -Kapitel 9.2-

Kategorien
Lovestory Science Fiction

Kapitel 8.2 -Sichtweisen-

© Lucienne

Du arroganter Arsch, wo sind jetzt deine klugen Sprüche?“

Jochen hat Adrian aus der Menge heraus, mit Anlauf, angesprungen. Adrian hat nicht die Spur einer Chance zu reagieren und stürzt zu Boden.

Der Ring der Schüler zieht sich noch enger um Adrian und Jochen.

Los, zeig ihm was wir von seinem Scheiß halten!“

Ich erkenne Tina nicht wieder. Niemals, in all der Zeit seit wir uns kennen, habe ich sie so ereifert gesehen. Sie macht mir Angst.

Ich wende mich von der beklemmenden Szene ab und schlage die Hände vor das Gesicht. Edith nimmt mich in die Arme und zieht mich weg.

Komm lass uns verschwinden. Das sind Tiere. Ich erkenne unsere Freunde nicht wieder.“

Juliana, bitte…“

Als ich den Kopf wende um nach Adrian zu sehen, bekomme ich gerade noch mit, wie Jochen zutritt.

NEIN!“

Sein Kick erwischt Adrian am Kopf wodurch er erneut zu Boden geht, um diesmal benommen liegenzubleiben

NEEEIN!“

Ich reiße mich von Edith los und stürze zu Adrian. Er liegt auf dem Rücken, seine Lippe ist aufgeplatzt, Blut fließt aus der Nase und die Augenlider flattern.

Los, verschwinde da, bevor auch du noch was abbekommst.“

Jochen zerrt an meiner Bluse. Ich schlage seine Hand weg und zische ihn an.

Wage es ja nicht!“

Keine Sekunde lasse ich Jochen aus den Augen, selbst als ich mich an Tina wende:

Tina, pfeif´ deinen Bluthund zurück! Ihr seid zu weit gegangen!“

Jules, ich hatte dich gewarnt, er ist ein Nerd, hatte ich nicht? Und hatte ich nicht gesagt das du dich von ihm fernhalten solltest? Er ist arrogant, glaubt er wär´ was besseres. Ständig gibt er seinen Senf dazu, belehrt einen. Ein Klugscheißer!“

Verdammt Jules, was hält dich bei IHM?“

Mit den letzten Worten schreit sie mich an. Schleudert mir die Frage ins Gesicht, schaut mir dabei in die Augen und wartet auf eine Antwort.

Dachte ich mir. Los hauen wir ab, bevor hier ein Guru auftaucht.“

Auch wenn ich Tina nicht geantwortet habe, brauchte ich eine Antwort auf ihre Frage. Während der Mob, aus Angst vor einem Lehrer abzieht, hebe ich Adrians Kopf vorsichtig auf meinen Schoß. Mit einem Taschentuch tupfe ich ihm das Blut von den Lippen und der Nase. Meine Hände zittern. Ein leises Stöhnen, mehr höre ich nicht von ihm.

Adrian, was hat dich geritten? Wie oft hatte ich dich gewarnt?“

Adrian öffnet die Augen, sieht mich an.

Vorsichtig hebt er den linken Arm, betastet seine Lippen. Verzieht sein Gesicht, als die Finger die Stelle am Kiefer finden, die Jochen mit seinem Fuß getroffen hat.

Au.“

Er versucht aufzustehen.

Nein warte noch, du warst kurz weg.“

Meine Hände fassen seine Wangen, leicht, zart, halten ihn. Er schließt wieder die Augen, atmet ruhiger. Seine Gesichtszüge glätten sich etwas. Ich streiche ihm eine Haarsträhne von der Stirn.

So ist es besser.“

Hmm.“

Willst du mir jetzt verraten, warum du das getan hast? Anzeichen für ihre Reaktion gab es genug.“

Uh, sie irren.“

Und wenn…“

Aber sie werden manipuliert. Kannst du es erkennen? Sag, kannst du es sehen? Oh, meine Güte mein Kopf!“

Still, beruhige dich. Ich bin auf deiner Seite.“

Juliana, bitte sage mir, das du es auch bemerkst?“

Warum ist es dir so wichtig ob ich hinter die Fassade sehen kann?“

Sie verteidigen die Lüge mit einem Fanatismus, als ob ihr Leben davon abhinge.“

Ja und du setzt Dein´s auf Spiel, um sie mit derselben Verbissenheit vom Gegenteil zu überzeugen! Warum ist es dir so wichtig?“

Ist es nicht!“

Ach nicht? Das sehe ich.“

Leicht drücke ich seine Wange auf der Seite, wo sich bereits ein Veilchen abzeichnet.

Autsch, nein ist es nicht. Wichtig ist mir nur, dass du es erkennst! Bevor ich dich kennengelernt habe, habe ich mich nie eingemischt. Es sind deine Freunde, verstehst Du? Du bewegst dich in ihren Kreisen, tagein, tagaus. Nimmst hin, was du siehst und hörst, hinterfragst nichts!“

Seine Stirn furcht sich, in seinen Augen sehe ich den Unglauben.

Ich frage dich erneut, Juliana. Erkennst Du die Lüge hinter all dem?“

Wann habe ich den Augenblick verpasst, als aus dem Opfer ein Ankläger wurde? Es schnürt mir den Hals zu.

Bitte…Adrian?“

Juliana, antworte mir!“

Seine Stimme, sonst weich und rücksichtsvoll, ist Eis, kalt und fordernd. Ich spüre die Konsequenz die die Antwort einfordert. Ich will mir nicht eingestehen was daraus folgt, sehe die vielen Wege, die sich jetzt, genau jetzt in diesem Moment verzweigen. Mein weiteres Leben, die Zukunft. Ich sehe Adrians und meins, unseren gemeinsamen Weg. Sehe die Freude, den Schmerz, die Einsamkeit, Trauer, Vergessen, Härte, Wut, Verzweiflung,…

Dann ist es vorbei. Nur einen winzigen Augenblick dauerte es. Zu lang. Adrian schließt die Augen, setzt sich auf. Fort von mir. Meine Hände lassen es zu, unfähig zu verhindern, abzuwenden was geschieht. Schwerfällig, langsam stemmt Adrian sich auf die Beine. Sein Gesicht wendet sich mir zu, ich sehe das Glitzern in seinen Augen. Warten! Als er sich abwendet wischt der Handrücken das Nass von seinen Wangen.

*

-Kapitel 8.1-                                                               -Kapitel 9.1-

Kategorien
Lovestory Science Fiction

Kapitel 8.1 -Sichtweisen-

© Lucienne

Bitte sage mir ganz genau was Kai zu Adrian gesagt hat!“

Weißt du, Adrian ist nicht unbedingt der beliebtesten Schüler in der Klasse.“

Sebastian bitte, was hat Kai gesagt?“

Jules, Kai mag Adrian nicht. Eure Nummer vor ein paar Tagen hat nicht unbedingt dazu beigetragen, das sich eure Beliebtheit in der Crew um Kai und Jochen gesteigert hat.“

Verdammt willst Du mir endlich sagen, worum es in dem Streit ging?!“

Ich taxiere Sebastian, als wolle ich ihn aufspießen. Meine Rechnung geht auf.

Also gut. Adrian hat wieder einen seiner schlauen Sprüche bezüglich der Berichterstattung von Medien abgelassen. Es ging wohl um das Zugunglück vor ein paar Tagen. Du weißt schon, das mit den 7 Opfern. Den Ort habe ich vergessen. Jedenfalls sagte er, er glaube nicht an eine Entgleisung. Sag selbst, woher will der Penner wissen was sich ereignet hat? War er dabei, oder was?“

Bis jetzt bin ich noch nicht dazu gekommen, mir den offiziellen Bericht anzusehen. Und auch ich bin über das Ausmaß der Zerstörung im Bahnhof erschrocken. Doch die Verbindung zu einer falschen Berichterstattung ist mir nicht in den Sinn gekommen. Das Format dieser Mutmaßung erschreckt mich. Warum sollte irgendjemand so etwas tun? Ich meine es sind doch die Nachrichten, oder?

Shit!“

Kannst du wohl laut sagen. Jedenfalls gab das eine hitzige Diskussion im Unterricht. Selbst der Lehrer, sonst immer auf der Seite unseres Musterknaben, wies ihn zurecht.“

Wo ist Adrian jetzt?“

Hat seinen Krempel gepackt und sich nach der Zurechtweisung selbst aus dem Unterricht entfernt.“

Ja, aber wo ist er hingegangen?“

Sebastian schaut mich an, als wenn ich ein Geist wäre.

Na was denn? Nach eurem `Coming out´ im Netz, ist der wahrscheinlichste Ort wo man ihn vermuten würde, bei dir! Keiner von uns hatte eine Ahnung, wo er sich rumtrieb vor eurer Beziehung, das hat sich auch nicht geändert.“

Shit! Würde ich ihn suchen, wenn ich wüsste, wo er ist?“

Wohl eher nicht. Aber ich würde nach dem Aufruhr erst mal einige Tage blau machen. So wie ich das sehe, ist das ein willkommener Anlass, Adrian mal wieder in `die Spur´ zu bringen, ihn auf den Boden zurück zu holen.“

Genau diese Situation hatte ich gefürchtet! Es aus dem Mund von Sebastian zu hören, bestätigte nur meine Erwartung.

Ok, welche Fächer stehen bei euch in den nächsten 4 Stunden auf dem Plan?“

HÄ?“

Was habt ihr als nächstes Fach?“

Physik. Aber was… warum willst du das wissen?“

Adrian würde keine Physikstunde verpassen, nicht absichtlich.“

Uh Schwester! Wie lange sagtest du, kennt ihr euch? Ich beginne zu verstehen, warum ihr euch verlinkt habt. Gruselig, ernsthaft!“

Sebastian, würdest du mir einen Gefallen tun? Wenn Adrian gleich auftaucht, richte ihm aus, ich würde genau jetzt ein Erdbeereis essen. Würdest du das bitte tun?“

Klar, mache ich. Ich weiß zwar nicht was das bedeutet, aber Okay.“

Danke, du hast was gut.“

Als die Pausenklingel zur nächste Stunde läutet, mache ich mich auf den Weg zu unserer Trinkhalle. Wenn Adrian die Botschaft richtig deutet, wird er zu mir kommen.

*

15 Minuten! Er ist nicht gekommen. Es ist müßig ob die Nachricht ihn nicht erreicht hat oder er einfach nicht gekommen ist. Nach dieser Stunde, in der nächsten Pause werden sie ihm einen Lehre erteilen und ich habe keine Ahnung, wie das ausgeht. Ich gehe langsam zurück zur Schule. Immer noch hoffe ich das er verspätet kommt. Als ich weitere 15 Minuten später in die Klasse gehe und mich damit entschuldige das mir schlecht gewesen sei, sehe ich das Tinas und Jochens Platz leer sind. Die Zeit verstreicht kaum, zieht sich endlos dahin. Als die Pausenklingel endlich schellt, empfinde ich keine Erleichterung. Voller Vorahnung eile ich auf dem Pausenhof.

*

-7. Kapitel-                                                                 -8.2 Kapitel-

Kategorien
Lovestory Science Fiction

Kapitel 7 -Liebe-

© Lucienne

Wisst ihr, ihr Beide seit meine liebsten Stammgäste. Adrian einen Café Creme?“

Adrian nickt abwesend.

Jasmintee, Juliana?“

Jules bitte. Ja einen Tee.“

Alina lächelt mir zu.

Gerne, kommt sofort.“

Findest du, wir sind zu oft hier?

Hm?“

Adrian, wo bist du mit deinen Gedanken?“

Was sagst du?“

Mir verschlägt es die Sprache! Wortlos öffne und schließe ich meinen Mund. Dann lache ich laut los, was mir endlich Adrians Aufmerksamkeit sichert.

Jules? Was hast du?“

Adrian, wo bist du mit deinen Gedanken? Lass mich teilhaben.“

Als wir vor 8 Tagen bei mir waren, war es doch ein schöner Abend, findest du nicht auch?“

Jetzt weiß ich was ihn bewegt. Alina kommt an unseren Tisch und stellt die Getränke vor uns ab. Als sie geht, greife ich über den Tisch seine Hände. Den damaligen entspannten Ausdruck hat er die letzten Tage wieder gegen ein konzentriert, gespanntes Gesicht getauscht. Wie gerne würde ich diesen seltenen Ausdruck wieder auf seinem Gesicht sehen.

Ja, es war ein wunderschöner Abend.“

Würdest du heute erneut mit mir kommen?“

Adrian, ich weiß nicht ob wir heute nochmal…“

Nein, Katrin hat Spätschicht, wir wären allein.“

Wie damals, wird mein Hals trocken. Diesmal jedoch habe ich meine Emotionen besser im Griff und schaue ihn an. Gespannt wartet er auf meine Antwort.

Weißt du, damals hast du mir ein Zimmer vorenthalten. Das Bad habe ich noch, bevor du mich nach Hause gebracht hast, aufgesucht. Aber dein Zimmer kenne ich nicht. Ich würde schon gerne wissen wollen, wie so ein Streber wohnt.“

Moment mal! Streber? Nie!“

Hast du eine bessere Beschreibung?“

Hm…Ausnahmetalent?“

Beide lachen wir, doch die Atmosphäre ist plötzlich aufgeladen. Gespannte Erwartung liegt in der Luft. Sehr darauf bedacht nicht allzu aufgedreht zu wirken, nehme ich die Teetasse und stürze den Inhalt herunter.

*

Als Adrian seine Zimmertür öffnet, bin ich aufgeregt. Einerseits interessiert mich wirklich wie sein Zimmer aussieht. Andererseits gehen mir ganz andere Dinge im Kopf herum! Das erste was ich sehe, ist natürlich der Schreibtisch vor dem Fenster geradeaus. Und Bücherregale rechts an der Wand, vollgestopft, auch wie erwartet. Links ein Bett, wie erhofft. Was ich auch erwartet habe, ziemlich unspektakulär. Mit langsamen, bedachten Schritten gehe ich auf den Schreibtisch zu. Vor dem dunklen Holztisch bleibe ich stehen und stelle meine Tasche davor ab. Auf der ledernen Schreibunterlage liegt ein Taschenbuch; Der rote Löwe, lese ich.

Du liest Romane?“

Ab und an.“

Und gut?

Außergewöhnlich.“

Echt? Leihst du es mir?“

Später, vielleicht.“

Ich ziehe einen Schmollmund. Nicht des Buches, sondern wie ich es erhoffe, der Wirkung wegen.

Einigen Sekunden abwartend, wende ich mich um und schaue aus dem Fenster. Schließlich beuge ich mich über den Schreibtisch und ziehe die Übergardine vor. Ein Lichtkranz dringt aus dem Abstand zwischen Gardine und Fenster, wie ein Rahmen. Das Zimmer wird dadurch in ein angenehmes Halbdunkel getaucht. Dann warte ich wieder. Während ich mein Standbein wechsle, bemerke ich Adrian an mich herantreten. Ich spüre wie er seine rechte Hand an meine Taille legt, seine Linke streift meinen Haarschopf aus den Nacken. Ein Schauer überfällt mich. Wie von selbst folgt mein Haupt der Bewegung zur Seite. Indem ich mich aufrichte, greife ich beidseitig mit meinen Armen hinter mich seine Hüfte, dränge mich an ihn. Noch bevor ich seinen Atem in meinen Nacken spüre, ist da wieder der Duft nach dunkler Schokolade. Fast augenblicklich, mit dem schließen meiner Augen, bin ich wieder im Grugapark auf der Picknickdecke. Hitze durchströmt mich. Seine Lippen erkunden meinen Nacken. Meine linke Hand verlässt seine Hüfte, greift hoch in sein Haar. Wie ich seine Zähne spüre, richten sich meine Härchen auf. Meine rechte Hand presst ihn noch fester an mich. Als Adrian anfängt im wechselndem Rhythmus Lippen, Zähne und Zunge einzusetzen, kann ich nicht mehr stillhalten und fange an, mich zu bewegen. Seine rechte Hand streift an meiner Taille entlang, zu der Knopfreihe meiner Bluse. Langsam drehe ich mich zu ihm herum, lasse meine Arme neben mich herabsinken.

Mein Blick ruht in seinem Gesicht, während er nacheinander die Knöpfe meiner Bluse löst. Mit dem letzten Knopf, streift er mir mit beiden Händen das Kleidungsstück von den Schultern. Beide Hände ruhen einen Moment auf meinen Oberarmen. Sanft, fast wie ein Windhauch bewegen sie sich meinem Halsansatz entlang, zu meinen Nacken. Seine Finger spielen an meinen Haaren. Der Fokus seines Blickes trifft meine Augen. Als sich unsere Blicke verschränken, vergesse ich alles und weiß doch genug.

Adrian Nowak, liebe mich!“

Juliana Beck, du kannst nicht erahnen, wie sehr…“

*

Mit fest an der Decke gehefteten Blick liegt Adrian neben mir. Etwas nagt an ihm. Gedankenverloren streichelt sein Hand meine Taille, gleichmäßig, dieselbe Stelle.

Ich werde ein Pflaster brauchen.“

Bitte?“

Ich sagte, ich werde ein Pflaster brauchen!“

Mühselig kämpfen sich seine Gedanke in die Realität zurück.

Ich verstehe nicht.“

Du streichelst mich jetzt schon 10 Minuten an der selben Stelle. Ich werde ein Pflaster brauchen.“

Oh!“

Einen Penny für deine Gedanken…“

Versuche ich es erneut.

Penny?“

Ist aus einem Film aus den…ach vergiss es. Du schaust nicht Fern. Was denkst Du, wo bist du mit deinen Gedanken?“

Eine Minute warte ich, ohne eine Antwort von ihm. Dann versuche ich ein drittes Mal.

Weißt du, etwas eifersüchtig bin ich schon.“

Eifersüchtig?“

Er wendet sich mir zu, schaut mich an, mit dem konzentrierten Blick.

Warum bist du eifersüchtig?“

Nun, ich hatte erwartet das du, nach eben, eine Weile bei mir bleibst. Scheinbar ist irgendetwas wohl wichtiger.“

Seine Gesichtszügen werden weicher, so wie ich es mag, ihn liebe.

Du hast recht. Ich war zwar bei uns, aber nicht bei dir.“

Er streicht über mein Haar.

Wie kann ich mich entschuldigen?“

Da fällt mir doch gleich das Eine oder Andere ein.“

*

-Kapitel 6.2-                                                                -Kapitel 8.1-

Kategorien
Lovestory Science Fiction

Kapitel 6.2 -Eine andere Welt-

© Lucienne

Als ich sehr viel später in meinem Bett liege, denke ich noch eine ganze Weile an die Geschehnisse des Tages. Besonders eingeprägt hat sich der Besuch bei Katrin, Adrian Mutter. Im Laufe des Abends habe ich erfahren, das Adrian seinen Vater im Säuglingsalter verloren hat. Katrin ist dadurch gezwungen, für ihr beider Lebensunterhalt zu arbeiten. Den Verlust der wertvollen Zeit mit ihrem Sohn, kann ich der Traurigkeit entnehmen, mit der sie davon berichtete.

Wie nach einer besonders schweren Klausur, fühle ich mich erschöpft und leer. Zwar habe ich alle Lösungen gekannt, doch die Aufgaben haben mir höchste Konzentration abverlangt. Ist das der Grund für Adrians wachem Wesen? In dieser anspruchsvollen Umgebung aufgewachsen zu sein? Oder ist er vielleicht sogar selbst der Grund?

Katrins Akzeptanz erfüllt mich ein wenig mit Stolz. Mir wird auch bewusst, welche Besonderheit mir durch Adrians Zuneigung zuteil wird. Meine Gefühle schwanken, dem nicht gerecht zu werden und aus der Masse zu etwas Einzigartigem in seiner Welt erhoben zu werden. All das ist neu für mich. In mir regt sich das Gefühl jemandem wichtig zu sein. Teil von etwas zu sein, gebraucht zu werden.

Leise und glücklich lache ich mich in den Schlaf.

Nachts werde ich halt emotional.

*

-6.1 Kapitel-                                                                  -7. Kapitel-

Kategorien
Lovestory Science Fiction

Kapitel 6.1 -Eine andere Welt-

© Lucienne

Bereit?“

Der Atemzug den ich tue, arbeitet gegen eine eiserne Klammer um meinem Brustkorb. Als ich den Mut aufbringe ihm in die Augen zu schauen, nicke ich mit einer Bestimmtheit, die ich nicht fühle.

Ja, bereit. Lass uns gehen.“

Adrian lächelt mir aufmunternd zu, greift in seine Hosentasche und holt den Haustürschlüssel hervor. Wir gehen durch die linke Haustür, die Treppe in den 3. Stock. Den Weg nach oben begleiten mich Gedanken, die mir die Absurdität der Situation vor Augen führen. Vor zwei Wochen kannte ich diesen jungen Mann noch gar nicht. Nun folge ich ihm, in seine Wohnung. Und doch, wie häufig geschieht genau dies, in diesem Augenblick, bei 5 Millionen Menschen im Ruhrgebiet?

Adrian schließt die Wohnungstür auf, wirft den Schlüssel in eine Schale auf die Anrichte vor der Garderobe, im Hausflur. Langsam folge ich in die Wohnung, lasse meinen Blick über den Flur, durch die geöffnete Tür in das Wohnzimmer wandern. Adrian schiebt die Haustür hinter mir ins Schloss. Durch die erste Tür, rechts neben mir, höre ich Schritte. Als die Klinke heruntergedrückt und die Tür geöffnet wird, halte ich kurz die Luft an. Das Gesicht der Mittvierzigerin, das mich offenherzig anlächelt, lässt mich all die Bedenken, die mich bis hierher begleitet haben vergessen.

Juliana, ich bin Katrin. Ich freue mich, dich kennen zu lernen.“

Was bleibt mir zu sagen?

Ich freue mich auch. Katrin?“

Lass uns in das Wohnzimmer gehen.“

Sie legt ihren rechten Arm um meine Schulter und als wir den Flur entlanggehen, an dessen Ende es in das Wohnzimmer geht, fühle ich mich willkommen. Als wir an dem dunklem Holztisch, im linken Teil des mittelgroßen Zimmer Platz nehmen, sitzt Adrian mir gegenüber und Katrin zu meiner Rechten. Auf dem Tisch stehen eine Flasche Wasser, eine Weinflasche und Karaffe Orangensaft. Während ich die Eindrücke des Zimmer aufnehme, sagen weder Adrian noch Katrin etwas. Ein gutes Stück des Zimmers ist mit einem hellen Teppich ausgelegt. Um den Teppich herum sind die dunkel gebeizten Bohlen des Holzfußbodens zu sehen. Hinter Katrin verdeckt ein Regal, fast völlig mit Büchern gefüllt, die Wand. Bevor ich mich gesetzt habe, konnte ich den Schrank sehen, der jetzt in meinem Rücken neben der Tür, bis an die Decke ragt. Adrian sitzt im Gegenlicht eines großen Fensters. Zu meiner Linken steht ein langes Sideboard aus dunklem Holz an der Wand, die wie der Rest des Zimmers mit einer orangefarbenen Tapete im hellen Ton tapeziert ist. Etwas an dem Zimmer wirkt befremdlich, ich komme jedoch nicht drauf.

Weißt du Juliana, das ich sehr neugierig darauf war, dich kennenzulernen?“

Adrian deutete so etwas an.“

Katrin legt ihre Linke auf meine rechte Hand.

Du bist das erste Mädchen das Adrian mit nach Hause bringt.“

Eine kurze Pause in der sie mich stirnrunzelnd anblickt, als wenn ihr die Bedeutung erst jetzt klar wird.

Wenn ich es recht bedenke, bist Du die Erste Bekanntschaft von Adrian überhaupt hier.“

Zum zweiten Mal am heutigen Tag, bemerke ich wie mein Hals trocken wird.

Darf ich bitte ein Glas Wasser haben?“

Entschuldige, das ich dich so überfalle, natürlich. Adrian würdest du? Ich nehme den Wein, bitte.“

Adrian steht auf und holt aus dem Schrank hinter mir Gläser. Ein Wasserglas stellt er vor mich und ein Weiteres an seinem Platz, dass Weinglas vor seiner Mutter. Nachdem er alle Gläser gefüllt hat, setzt er sich wieder an seinem Platz. All das geschieht, ohne das einer von uns auch nur ein Wort gesagt hat. Die Situation ist surreal. Das ist nicht das erste mal, das ich bei Eltern eines Freundes zu Besuch bin. Doch hier habe ich das Gefühl in einem Traum gefangen zu sein. Es ist so anders als ich es gewohnt bin. Alles hier in diesem Raum scheint einen Zweck zu erfüllen. Kein Gegenstand macht den Eindruck unnütz, nein zwecklos zu sein. Selbst seine Bewohner sind Bestandteil, dazu die beherrschte Atmosphäre. Nicht angespannt, nicht gekünstelt. Es ist wie mit dem Raum, etwas ist anders und ich kann es nicht fassen. Ich nehme einen tiefen Schluck aus meinem Glas. Für einen Moment komme ich mir vor, wie ein Fremdkörper.

Adrian blickt zu seiner Mutter, die ihr Glas abstellt.

Juliana, hast du schon Hunger?“

Nein, noch nicht.“

Sag, welches sind denn deine Lieblingsfächer in der Schule? Begeisterst du dich auch so für Mathematik und Physik wie Adrian?“

Ich glaube niemand den ich kenne, bringt die gleiche Begeisterung wie Adrian für diese Fächer auf.“

Ich versuche ein Lächeln. Adrian schmunzelt, blickt zu seiner Mutter, die diese Offensichtlichkeit mit einem ungezwungenen, hellen Lachen quittiert.

Meine Interessen sind mehr Sprachen und Kunst.“

Malst du denn?“

Manchmal. Mode interessiert mich sehr. Die Kombination von Kleidungsstücken.“

Ja, das ist mir an dir sofort aufgefallen, dein Geschmack was Kleidung angeht. Dezent aber schick.“

Katrin wir sollten jetzt den Tisch decken.“

Wieder der Blick untereinander. Katrin nimmt noch einen Schluck vom Weinglas und stellt es dann ab.

Du hast recht Adrian, nicht dass das Essen zerkocht.“

Dann komme ich plötzlich darauf, was hier so befremdlich ist. Was mich irritiert. Es ist die Offenheit, mit der die Beiden umgehen. Die kleinen Gesten, mit denen sie kommunizieren. Wie ein eingespieltes Team. Keine Regelverletzung, kein Murren für Aufforderungen, keine überzogenen Forderungen. Jeder kennt den Freiraum oder die Aufgabe des Anderen! Wenn ich an unsere Familie denke, die kleinen Reibereien, die Grabenkämpfe um die alltäglichen Aufgaben, überkommt mich eine Mischung aus Scham und Neid.

Als sich Katrin und Adrian erheben, stehe ich ebenfalls auf.

Darf ich helfen?“

Katrin greift erneut meine Hand, lächelt mir aufmunternd zu.

Gerne.“

Mit diesem kleinen Zugeständnis, wird mir bewusst, wie sich mein Status eines Gastes, plötzlich zu einem Teil ihrer Gemeinschaft ändert.

Wir gehen in die Küche, gleich die erste Tür links. Ein Raum vor der Tür aus der Katrin kam, vermutlich ihr Zimmer. Die beiden Türen zu meiner Rechten müssen demnach das Bad und Adrians Zimmer sein.

Juliana, würdest du zusammen mit Adrian das Geschirr an den Tisch bringen?“

Jules. Meine Familie und meine Freunde rufen mich Jules.“

Katrin dreht sich zu mir um und ihr Gesicht strahlt durch ihr Lächeln.

Jules,“ widerholt sie, „das klingt wunderschön.“

Adrian gibt mir 3 Teller und Salatschalen in die Hand. Als ich zu ihm blicke, sehe ich eine ungewohnte Entspannung in seinem Gesicht. Er wirkt dadurch weicher, fast verletzlich. Meist kenne ich ihn nur mit einem konzentrierten, verschlossenen Ausdruck. Wir bringen die Gedecke an den Wohnzimmertisch.

Als mein Blick erneut durch das Wohnzimmer streift, wird mir auch klar was mich

so befremdet.

Adrian, besitzt ihr gar keinen Fernseher?“

Jules, du hast heute eine Freundin gewonnen.“

Auch er strahlt mich an. Mir wird bewusst wie viel ihm dieses Treffen bedeuten muss. Beiden.

*

-Kapitel 5.2-                                                                 -Kapitel 6.2-

Kategorien
Lovestory Science Fiction

Kapitel 5.2 – Fotoshooting-

Julianna
© Lucienne

Hallo ihr beiden Hübschen, was darf es sein?“

Hallo Alina, nochmal vielen Dank für den tollen Picknickkorb. Es war ein wunderschöner Tag!“

Obwohl ich Alina anlächle, bekomme ich mit, wie Adrian das zweite Mal seit ich ihn kenne, rot wird und verlegen die Karte studiert.

Gerne doch, wenn ihr das mal wiederholen wollt?“

Mal sehen, was meinst du Adrian?“

Ähm ja, bestimmt. Demnächst mal.“

Adrian ist immer noch in der Karte vergraben.

Für mich bitte einen Jasmintee.“

Ich nehme einen Café Créme.“

Als Alina geht, um die Bestellung weiterzugeben, schweigen wir eine Zeitlang.

Möchtest du von dem heutigen Highlight hören?“

Gibt es etwas das die Begegnung mit Tina und Jochen noch toppen kann?“

Du weißt es also noch nicht? Schaust du eigentlich nie auf dein Handy?“

Doch sicher, es könnte ja einer angerufen haben.“

Oder du könntest eine Nachricht bekommen haben.“

Höchstens eine SMS. Ich besitze kein Smartphone.“

Nicht dein ernst, oder? Bist du nie im Internet unterwegs, Social Media oder irgendetwas googeln? Nichts?“

Doch schon, entweder am PC oder am Pad. Aber nicht am Handy.“

Okay, ich frage nicht weiter, nicht heute!“

Ist in Ordnung.“

Rate mal, wer heute das Tagesgespräch aller Schüler an der Schule war?“

Ich ahne es, aber bitte erzähle von Anfang an.“

Didi hat unsere Bilder von heute morgen geteilt. Als ich Wind davon bekam, waren schon mehr als 500 Besucher in ihrem Account. Man sollte glauben die Leute hätten besseres zu tun.“

Und du wunderst dich, warum ich kein Smartphone habe? Warum interessieren sich so viele für unsere Bilder?“

Die Bilder sind nicht das Problem. Die Kommentare gleichen einem shit – storm. Selten habe ich Gehässigeres gelesen. Was haben wir den Leuten getan?“

Oh, ich verstehe. Neid also.“

Alina kommt mit unserer Bestellung und stellt sie vor uns ab. Ich warte bis sie sich umdreht und schaue zu Adrian, schüttle leicht den Kopf.

Schlimmer, es ist Missgunst und ich fürchte du bist das Opfer.“

Adrian legt den Kopf schräg und hebt eine Augenbraue.

Ja Missgunst. Es ist nicht so, als gönnen Sie dir deinen Erfolg nicht, nein sie glauben du verdienst ihn nicht. Das ist weitaus gefährlicher, erinnere dich an Jochen.“

Eine Zeit lang sieht mich Adrian nur an, dann lächelt er.

Du meinst bestimmt meinen letzten Erfolg. So wie ich das sehe, ist es das Risiko sicherlich wert.“

Auch ich muss nun lächeln, weiß ich doch, das er auf unsere Beziehung anspielt.

Was ich damit sagen will, bitte sei vorsichtig.“

Das hatte ich dir doch schon versprochen Jules.“

Tobi hatte zu allem Überfluss auch in Didis Account geschaut, bevor wir die Bilder wieder offline gestellt hatten. Er weiß also auch von uns.“

Schlimm?“

Nein, ganz im Gegenteil. Wir verstehen uns gut und er sorgt sich bloß um mich. Tobi ist der Letzte, der uns etwas Schlechtes wünscht. Oh, da fällt mir ein, er wollte mir die Bilder aus der Zeitung zuschicken. Warte ich schau kurz.“

Als ich das Handy nach Neuigkeiten durchforsche, fällt mir ein, dass Adrian das überhaupt nicht mag. Schnell suche ich Tobis neue Nachricht. Als ich die Bilder von dem zerstörten Bahnhof sehe, bekomme ich eine Gänsehaut. Ich muss Schlucken, als ich das Handy zu ihm schiebe. Auch Adrian ist überrascht, von dem was er sieht.

Was sagte dein Bruder nochmal, was passiert ist? Für mich sieht das nach einer Explosion aus! War das ein Attentat oder ein Unfall?“

Soweit ich mich erinnere, soll der Zug entgleist sein.“

Wie schnell war der denn? Ich meine, schau dir diese Verwüstungen an. Kaum zu glauben, dass das eine Entgleisung sein soll. Mich würde interessieren ob der Bahnhof eine Haltestelle des Zuges war.“

Wenn ich das nächste mal mit Tobi spreche, frage ich ihn.“

Jules?“

Hm?“

Möchtest du mich heute nach Hause begleiten?“

Mit meiner Tasse Tee in der Hand, verharre ich in der Bewegung, suche seinen Augenkontakt. Mit keiner Gestik oder Mimik verrät er seine Beweggründe. Während ich befürchte, dass ich ein nur allzu offener Spiegel meiner Gefühle, Hoffnungen und Wünsche bin. Die unterbrochene Bewegung fortführend, hebe ich die Tasse doch an meinen Mund und nehme einen Schluck des Tees, um meinen trockenen Hals zu befeuchten.

Heute?“

Er nickt.

Heute!“

Sicher, warum nicht?“

Der Wunsch meiner Mutter ist es, dass wir heute Abend gemeinsam Essen. Sie ist sehr gespannt auf dich, und würde sich freuen wenn du zustimmst.“

Erneut nehme ich einen tiefen Schluck aus der Tasse, um meine Überraschung und mein Unbehagen zu verbergen, sowie um etwas Zeit zu gewinnen, damit ich mich wieder in den Griff bekomme.

Deine Mutter?“

Erneut nickt er.

Meine Mutter.“

Woher…?“

Alina.“

Oh.“

Er greift über den Tisch meine linke Hand.

Jules glaub mir, sie wird mehr als nur glücklich sein, dich kennenzulernen.“

Die Wärme und Selbstsicherheit seines Lächelns, helfen mir. Trotzdem fürchte ich, dass mein Lächeln die Unsicherheit widerspiegelt, die mich beherrscht.

*

-Kapitel 5.1-                                                                 -Kapitel 6.1-

Kategorien
Lovestory Science Fiction

Kapitel 5.1 – Fotoshooting-

Julianna

Los Leute, gebt mir eine krasse Modelpose!“

Selbst Adrian lächelt bei der guten Laune die Didi verbreitet, als sie ein Foto von uns mit dem Handy schießt. Wir sind auf dem Weg zur Schule und der Tag gestern hat in vielerlei Hinsicht Klarheit geschaffen. Zwischen Adrian und mir und in mir selbst. Wir schlendern entspannt, mein linker Arm liegt um seine Taille, sein rechter Arm um meine Schulter. Didi springt um uns herum. Mal Fotos schießend, mal aufgeregt auf uns einredend. Entweder ahnt Didi wie es um uns bestellt ist, oder sie hat beschlossen die Entscheidung ihrer großen Schwester zu akzeptieren.

Edith, wird das Knipsen nicht langweilig?“

Echt Adrian, entweder du nennst mich auch Didi oder ich rede kein Wort mehr mit dir!“

Sicher?“

Er schaut Didi genauso ernst an, wie er mich sooft verunsichert hat. Didi ist irritiert, weiß nicht warum die Situation plötzlich so ernst wird. Ich lache laut los und behalte im Hinterkopf, das seine Masche scheinbar nicht nur bei mir Unsicherheit auslöst.

Mensch Didi, er nimmt dich auf den Arm! Adrian, schäm´ dich! Sie ist meine kleine Schwester.“

Sorry… Didi?“

Adrian lächelt sie an.

Edit lächelt unsicher zurück.

Du weißt, das du unheimlich rüberkommst, oder?“

Der Zwischenfall dämpft Didis Übermut eine Weile. Die Fotosession ist jedenfalls zu Ende. Aber Didi wäre nicht sie, wenn sie sich lange darüber Gedanken machen würde.

Was hat eigentlich Tina gesagt?“

Wozu?“

Oh komm schon Jules, wozu wohl? Zu eurem Link natürlich!“

Ja, was wird Tina wohl sagen? Die Schultasche hatte sie gestern Didi in die Hand gedrückt. Wir hatten noch keine Zeit uns auszutauschen. Und ehrlich gesagt, habe ich auch nicht eine Sekunde an sie gedacht. Wir hatten sie gestern ja quasi stehengelassen.

Das werden wir wohl in einigen Augenblicken raus finden. Bis gestern jedenfalls nicht viel, ausgenommen natürlich, das ich mich in Acht nehmen soll wegen Adrian. Wie man sieht, war die Warnung zwar angebracht aber vergebens.“

Als ich deswegen lache, fällt auch Didi ein. Als wir auf den Schulhof einbiegen, sehen wir Tina und Jochen. Tina winkt uns zu, Jochen sieht aus als wenn er uns fressen wollte.

Sieh an, kommt ihr also doch noch zur Schule!“

Na ja, wir hatten ja ein tolles Vorbild!“

Einen Moment mustern Tina und ich uns, dann lachen wir beide und umarmen uns. Adrian versucht zu mindestens das Eis mit Jochen zu brechen:

Hallo Tina, Jochen?“

Hi Adrian, du hast Glück weißt Du? Jules ist sehr wählerisch. Was immer es ist, das dich in ihren Augen so besonders macht, verliere es nicht.“

Das ist mir bewusst, Tina. Mehr als du dir vorstellen kannst.“

Tina presst die Lippen aufeinander.

Wir sehen uns später Jules, Didi.“

Sie dreht sich um und geht in Richtung Schule. Jochen folgt ihr, zögert kurz bei Adrian:

Krasser Auftritt, Bro.“

Sein Lächeln verspricht nichts Gutes. Im Vorbeigehen haut er scheinbar freundschaftlich Adrian auf die linke Schulter. Aber ich kann sehen, wie kraftvoll der Bodycheck ist. Bevor Jochen Tina folgt, zwinkert er Adian zu.

Wir sehen uns!“

Adrian schaut den Beiden hinterher.

Ja, wir sehen uns.“

Das lief ja super! Tschüß ihr Beiden, ich muss auch los.“

Ich warte bis auch Didi in dem Eingang verschwunden ist.

Bitte sieh dich vor, Jochen fackelt nicht lange. Ich habe da ein ganz mieses Gefühl.“

Sicher, ich passe auf.“

Adrian bitte nimm das ernst, okay?“

Juliana ich passe auf!“ Ein ganz schiefes Grinsen: „Jules?“

Oh man, das musst du üben. Wirklich!“

Ich greife in seinen Nacken und ziehe ihn zu mir. Der Kuss schmeckt nach Kaffee und ihn umgibt ein Geruch nach Moos an einem frischen Morgen. Diesmal scheint der herbe Schokoladengeruch fast nicht vorhanden zu sein. Ich frage mich, ob die Situation oder mein Wunsch nach der jeweiligen Duftnote meine Wahrnehmung beeinflusst.

Ich freue mich auf später, vermiss mich.“

Jedes Wort meine ich, wie ich es sage.

Mach ich.“

*

Ich bringe sie um! Ich schwöre, ich bringe sie um! Diesmal hat Didi es so richtig vergeigt. Vor Wut schäumend starre ich auf mein Handy. Unser kleines Footoshooting von heute morgen ist viral gegangen, nachdem es meine kleine Schwester in die Social Media gestellt hat. Nicht das die Bilder anstößig oder zweideutig wären, nein das Problem sind die miesen Kommentare:

Ein blinder Nerd findet auch mal ´ne Mitze.“

Nachhilfe? In welchem Fach denn?“

Hey Jules, hast du Mitleid?“

Sucht euch ein Zimmer…“

Und das sind noch die Harmlosesten. Doch eins ist fast allen gemein. Adrian ist der Außenseiter, der Loser, der Nerd. Entsetzt stelle ich fest, das es weniger Neid ist, sondern Missgunst der die Kommentare bestimmt. Der Counter zeigt weit über 500 Klicks. Verdammt, ich muss das sofort stoppen.

Edith, EDITH komm sofort hierher!“

Das Gepolter und den Krach kann ich durch die geschlossenen Zimmertüren hören. Nacheinander werden erst ihre dann meine Tür aufgerissen. Als Edith den Kopf durch den Türspalt schiebt ohne meinen Raum zu betreten, weiß ich bereits das sie genau weiß was ihr blüht.

Los erklär mir, was das soll!“

Ich… ich habe mir nichts dabei gedacht.“

Das merke ich auch. Los, nimm die Bilder aus der Story, sofort!“

Das habe ich schon gemacht, eben gerade. Wirklich! Aber einige Screenshots sind bereits in anderen Accouts gepostet, da komme ich nicht mehr dran…“

Verdammt! Verdammt! Verdammt!“

Meine Gedanken rasen. Egal welchen Verlauf der Geschichte ich mir vorstelle, nirgends kann ich ein gutes Ende entdecken.

Jules, soll ich die Leute bitten die Bilder zu löschen? Bis jetzt sind es nur 4 oder 5 Accounts.“

Nein, lass das lieber. Das erweckt nur noch mehr Interesse. Hoffen wir das sich die Sache einfach totläuft.“

Ich versuche es möglichst gelassen rüber zu bringen, aber innerlich tobte ich noch immer. Während ich auf das Handy starre, klingelt es:

Hallo kleine Schwester, du hättest mich vorwarnen können.“

Tobi, nicht du auch noch! Didi hat den Mist verzapft. Glaub mir, wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich die Sacher unter dem Deckel gehalten.“

Ich winke Didi, sie soll aus dem Zimmer verschwinden, was sie auch gleich als Chance betrachtet und die Tür hinter sich zuzieht.

Du übertreibst Jules, Ihr beide passt doch gut zusammen.“

Da bist du wohl einer der wenigen, die das so sehen. Schau dir doch nur die Kommentare an.“

Alles nur Neidhammel. Da stehst du doch drüber, so etwas hat dich noch nie aufgehalten.“

Ich wünschte es wäre so einfach. Tina und selbst Didi, wenigstens am Anfang, haben mich gewarnt, mich mit Adrian einzulassen. Jochen ist sogar richtig feindselig gegenüber ihn. Irgendwie klingelt bei mir ständig so eine Warnglocke. Nur wenn ich mit Adrian zusammen bin, schweigt sie. Für eine Weile.“

Einen Augenblick sind wir beide stumm.

Ich wünschte, ich könnte dir helfen. Hat Adrian denn so einen schlechten Ruf? Irgendwie weiß ich den gar nicht einzuordnen. Er ist jedenfalls keiner deiner bisherigen Bekannten, du hast ihn nie erwähnt.“

Nein eigentlich ist er völlig unauffällig. Selbst ich habe ihn vorher nie bemerkt. Er ist ziemlich gut in fast allen Fächern, zurückhaltend und rücksichtsvoll. Vielleicht ist das ja einer der Gründe, dass eben nichts an ihm auszusetzen ist. Bestimmt hast du recht, ich sollte darüber stehen und nicht so viel interpretieren. Aber wie geht es dir? Vor ein paar Tagen klangst du noch nicht so gut. Alles wieder ok?“

Ja alles wieder ok. Es war nur ein ziemlicher Schock. Hast Du dir mal die Bilder angesehen? Das sieht echt schlimm aus.“

Was, nein bin ich noch nicht zu gekommen. Im Augenblick bekomme ich nicht viel mit.“

Macht nichts, ich schicke euch die Bilder aus der Zeitung zu. Zum Glück ist meiner Kommilitonin nichts passiert. Sie ist mit einem Typen eine Haltestelle vorher ausgestiegen. Echt merkwürdig die Sache. Na, jedenfalls war der Tipp mit Frank los zu ziehen goldrichtig.“

Tobi, ich melde mich heute Abend nochmal. Jetzt wollte ich mich mit Adrian treffen, wir hatten uns auf drei verabredet.“

Ok, grüß den Rest der Familie, bis später.“

-Kapitel 4.3-                                                               -Kapitel 5.2-

Kategorien
Lovestory Science Fiction

Kapitel 4.3 -déjà vu-

© Lucienne

Adrian trägt den Picknickkorb und wir gehen von der Bushaltestelle in den Grugapark. Viel geredet haben wir den Weg über nicht. Das Gefühl klingt nach, aber wie bei einem Traum verliert sich die Wirkung mit der Zeit. Adrian bleibt stehen und schaut auf ein Stück Wiese.

Was meinst du, ein guter Platz?“

Ein guter Platz! Ich bin gespannt, was wir in dem Korb alles Schönes haben.“

Zusammen breiten wir die Decke auf der Wiese aus und platzieren die eingepackten Leckereien in die Mitte. In einiger Entfernung haben sich noch andere niedergelassen.

Alina hat es offensichtlich sehr gut mit uns gemeint und uns viel mehr eingepackt als wir jemals essen können. Die Speisen sind in vielen kleinen Behältern abgepackt und variieren von scharf, über süß, nach sauer. Abwechselnd probieren wir aus den verschiedenen Behältern. Alle schmecken anregend und aufgeregt fordern wir einander auf mal hiervon oder davon zu probieren. Am Ende füttern wir uns gegenseitig. Wir haben Spaß an dem Spiel und lachen wenn etwas im Gesicht des Andern landet. Irgendwann, lange bevor uns das Essen ausgeht, sind wir satt und räumen die Schalen, das Besteck und die Teller von der Decke zurück in den Korb. Den freigewordenen Platz nutzen wir ausgestreckt und zufrieden auf der Decke. Die spärlichen, weißen Wolken am Himmel laden zum Träumen ein. Die angenehme Wärme des Tages tut ihr übriges.

Ich drehe mich zur Seite und rücke näher an Adrian heran. Dabei lege ich meinen Kopf auf seinen rechten Arm und meine rechte Hand auf seinen Oberkörper. Trotz des warmen Sommertags, spüre ich seine Körperwärme in meiner Handfläche. Das Heben und Senken seines Brustkorbs hat etwas Hypnotisches. Meine Gedanken treiben und ich schließe meine Augen, gebe mich ganz dem Augenblick hin. Der Rhythmus unserer Atmung und der Schlag unserer Herzen gleichen sich immer weiter an, ich kann es fühlen.

Irgendwann wendet sich Adrian mir zu. Die Finger seiner linken Hand gleiten sanft durch mein Haar, ganz leicht. Bei den Haarspitzen angelangt, spielen seine Finger eine Zeitlang mit ihnen. Der Duft von dunkler Schokolade steigt mir in die Nase, lässt mich wohlig tief, beinahe gierig die Luft einsaugen. Den moosigen Anteil vermisse ich fast ganz und irgendwo frage ich mich, was das wohl bedeuten mag.

Seine Finger lassen von meinem Haar ab und folgen der Kontur meines Gesichts vom rechten Ohr langsam zu meinem Kinn. Gleiten von der Kinnspitze zur Unterlippe, über meine Oberlippe, die unter der sanften Bewegung meinen Mund öffnet. Mit Mühe unterdrücke ich ein Keuchen und bevor ich mein Gefühlschaos ausdrücken kann, verschließt sein Mund die verräterische Pforte.

Diesmal ist es nicht das süße Eis welches ich schmecke, sondern sein herberes Ich.

Ich greife mit meiner Hand in seinen Nacken und ziehe ihn fester an mich, hungere nach mehr Berührung.

Adrian hatte von den endlosen Möglichkeiten gesprochen und den einschränkenden Konsequenzen jeder einzelnen Handlung. Hier und jetzt, gibt es für mich nur eine einzige Möglichkeit.

Meine Hand löst sich aus seinem Nacken, wandert zurück an seinen Brustkorb, erfühlt seinen Herzschlag. Ich weiß nicht ob wir noch im Einklang sind, doch ich brauche Luft.

Als ich meine Augen öffne, sehe ich sein ernstes Gesicht im weichen Licht der Abendsonne.

Adrian, was tust du?“

Mehr als ein Flüstern bringe ich nicht zustande, mir fehlt der Atem. Einerlei

Juliana, weißt du wie lange ich auf dich gewartet habe?“

Ich bin hier.“

Allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz, bist du hier.“

Seine Finger nehmen das Spiel in meinen Haaren wieder auf.

Alles was du bist, deine Anlagen, deine Kraft… erwacht gerade erst. Und doch schon jetzt mehr, als ich zu widerstehen vermag.“

Musst du nicht.“

Nein, muss ich nicht. Es ist so leicht sich zu verlieren, in dem Augenblick. Doch ich brauche dich, so sehr.“

Der Klos in meinem Hals verhindert, dass ich ihm antworte. Was auch? Ich fühle nur Chaos, jedenfalls nicht diese absolute Gewissheit die er mir vermittelt. Sie erschreckt mich, diese Endgültigkeit. Wir sind gerade einige Tage zusammen und Adrian spricht von… , ja von was? Liebe? Ich bin noch nicht über den Punkt der Verliebtheit hinaus, weiß nicht wie das Morgen aussieht. Aber ich will mehr von ihm, will das Spiel fortsetzen. Ein Verlangen, dass sich über alle Bedenken hinwegsetzt, jegliche Konsequenz akzeptierend! Ein heißer Schauer überfällt mich, inmitten meiner eigenen Gedanken.

Meine Worte müssen sich eigenartig für dich anhören. Ich bitte dich nur, vertraue mir.“

Ich weiß nicht, was ich denken soll. Bei dir zu sein fühlt sich richtig, fühlt sich gut an. Aber die Dinge die du mir sagst verwirren mich. Und sie jagen mir einen Heidenschreck ein!“

Juliana, vertraue deinem Gefühl. Das, was du brauchst, wird zu dir kommen, wenn du es brauchst.“

Siehst du Adrian? Das meine ich, manchmal weiß ich einfach nicht, ob ich vor dir weglaufen soll, oder dir blind vertrauen soll! Es jagt mir einen Schauer über den Rücken, ich bin mir nur nicht sicher, ob aus Wohlbefinden oder Entsetzen!“

Seine Hand streicht von meinen Haaren, über die rechte Schulter, an meinem Oberarm entlang, zu meiner Taille. Meine Haut nimmt begierig die Empfindung auf, erwärmt sich. Die Wärme strahlt in meinen Bauch, in den Unterleib. Vergessen sind die Zweifel. Vorsichtig küsse ich seine Kinnspitze, die kleine Vertiefung zwischen Kinn und Unterlippe, die Lippen. Seine Hand sinkt von meiner Taille, den Rücken herab zur Wirbelsäule, folgt dieser, um mich mit sanftem Druck an sich zu ziehen. Meine Hand legt sich wieder in seinen Nacken, um seine Aufforderung zu unterstützen, ganz wie mein Gefühl es von mir verlangt.

Etwas wird mir dabei bewusst, etwas Unerwartetes, Erstaunliches. Ich bin glücklich!

-Kapitel 4.2-                                                               -Kapitel 5.1-

Kategorien
Lovestory Science Fiction

Kapitel 4.2 -déjà vu-

© Lucienne

Ich kann die Neugier in seinem Gesicht lesen. Seine hochgezogenen Augenbrauen zeigen seine völlige Überraschung.

Das ist nicht das, was ich erwartete.“

Dafür entspricht deine Reaktion meiner Erwartung! Spielen wir weiter?“

Worauf hast Du jetzt Lust? Vielleicht etwas trinken?“

Warum nicht. Kennst du einen netten Ort, wo wir hin können?“

Ich denke schon.“

Eine Zeitlang gehen wir schweigend die Paulinenstraße runter. Etwa nach 3 Minuten kommen wir an eine Cafe-Bar.

Lass uns einige Dinge holen, für ein Picknick.“

Wir gehen in das Cafe, einen Augenblick orientiert sich Adrian, dann strebt er an die Theke und redet mit der Bedienung. Die dunkelhaarige Schönheit lacht auf und legt ihre Hand auf die Seine. Zweimal tappt sie auf seine Hand, dann schmunzelt sie, zwinkert ihm zu und geht in die Küche. Als Adrian sich umdreht und grinsend zu mir zurückkommt, bin ich schon angesäuert.

Eine Freundin von dir?“

Ich weiß, dass ich mich zickig anhöre, kann aber nicht aus meiner Haut. Die Erfahrung von Eifersucht ist mir neu. Die Beziehungen vor Adrian waren meist flüchtig und gaben nie Anlass zu Eifersucht. Mir wird klar, was das bedeutet. Zum Glück rettet er die Situation und lacht auf.

Wohl eher eine Freundin meiner Mutter. Sie packt uns schnell etwas zusammen und gibt uns sogar eine Decke mit.“

Ich komme mir albern und naiv vor und merke, wie mir die Röte ins Gesicht steigt. Verlegen blicke ich zur Seite.

Komm lass uns noch einen Augenblick hinsetzen, es wird noch etwas dauern.“

Wir setzen uns an einen Fensterplatz.

Die dunkelhaarige Schönheit kommt zu uns an den Tisch und stellt zwei Schalen und zwei Gläser nacheinander vor uns ab.

Hi, ich bin Alina. Es dauert noch einen Augenblick, damit euch die Zeit nicht so lang wird.“

Danke Alina, das ist Juliana, eine Mitschülerin und Freundin von mir.“

Hallo Alina, danke für die Mühe mit dem Picknick.“

Mache ich gern. Weißt du, Adrian bringt nicht oft Freunde mit.“

Ihr Lächeln und ihre Freundlichkeit sind echt und werten die wenigen Worte auf.

Ich lächle zurück.

Als sie sich umdreht und an einen anderen Tisch geht, schaue ich ihr mit einem angenehmen Gefühl nach, ich mag sie.

Du bist oft hier, nicht wahr?“

Ziemlich oft, ein- zweimal die Woche.“

Was ist das?“

Ich zeige auf die Schale.

Ich denke eine Vorspeise. Probiere selbst.“

Ich nehme den Löffel und probiere von dem Mus.

Hm, lecker, schmeckt fruchtig, kann ich etwas Salz haben?“

Lass das mit dem Salz lieber sein.“

Warum, sind sie dann beleidigt?“

Erstaunt schaue ich zu Adrian.

So hätte ich Alina nicht eingeschätzt.“

Nein das ist es nicht. Ich würde nur das Salz nicht nehmen. Es ist in Tütchen abgepackt.“

Na und? Ach wegen dem Müll meinst du?“

Nein es ist kein gutes Salz.“

Ach Adrian, komm schon. Was meinst du denn damit?“

Er schaut sich im Laden um als suche er etwas. Dann steht er auf und geht an einen anderen Tisch quer durch den Raum. Ein Pärchen sitzt daran.

Entschuldigung, dürfte ich bitte ein Päckchen Salz haben?“

Als er zu unserem Tisch zurückkommt, händigt er mir wortlos das Päckchen aus. Ich nehme es entgegen und bin ratlos, was ich damit tun soll.

Na los, lies.“

Ich tue ihm den Gefallen:

Salz.“

Lies weiter.“

Rieselhilfe…E 535“

Bitte, was sage ich!“

Adrian es ist nur ein Zusatz, damit das Salz nicht klumpt.“

Gut, was meinst du woraus besteht die Rieselhilfe?“

Weiß ich nicht. Glaubst du, ich kenne alle Zusatzstoffe auswendig?“

E 535 ist Natriumferrocyanid. Glaubst du das ein Cyanid gesund ist?“

Wahrscheinlich ist die Menge so gering, das es niemandem schadet.“

Vielleicht. Aber warum ist es überhaupt zugelassen?“

Warum erzählst du mir das, Adrian? Können wir nicht über etwas passenderes reden?“

Juliana, ich will dich nicht belehren. Darum geht es mir nicht. Ich glaube, dass du tiefer blicken kannst.“

Meine Güte Adrian, du redest wieder in Rätseln. Der Deal war, dass du mich ablenken solltest, damit ich mir keine Gedanken machen muss. Das ist im Augenblick nicht hilfreich!“

Du hast recht, entschuldige.“

Sag mal, mir fällt da gerade ein, dass ich schon ein paarmal fragen wollte warum du es bei unserer ersten Begegnung so eilig hattest. Sonst sehe ich dich selten rennen.“

Er schaut mich konzentriert an und die Augenbrauen ziehen sich ein wenig zusammen.

Ach das, ich hatte etwas probiert und darüber die Zeit aus den Augen verloren. Ich musste mich beeilen.“

Was hattest du denn probiert, was dich die Zeit vergessen ließ? Was immer es auch war, dadurch haben wir uns getroffen.“

Na gut, aber versprich mir nicht zu lachen?“

Also jetzt machst du mich noch neugieriger. Was kann das sein, das du befürchtest, ich könnte darüber lachen?“

Er wirkt ein wenig verlegen und sucht scheinbar nach den richtigen Worten.

Kannst du dich an deine Kindheit erinnern? Das Gefühl dieser scheinbar endlosen, riesigen Welt? So voller Wunder, Geheimnisse die es zu enträtseln galt?“

Na ja, wir waren Kinder. Alles war neu für uns.“

Mag sein. Schade, dass wir das Staunen über die Dinge verlernt haben. Alles was wir um uns herum wahrnehmen und von dem wir doch so wenig verstehen.“

Ich schaue ihn an, hänge an seinen Lippen. Mit wenigen Worten hat er mich in meine Kindheit versetzt, in all die Wunder, die Allmacht meiner Eltern, die alles wussten und scheinbar alles mühelos vollbrachten. Die Dinge, die sie uns zeigten, kleine und große Tricks oder Magie, in die sie uns einweihten. Meine erste Schleife, die ich band, das Bild eines Rehs in dem Fernglas meines Vaters, was er mir leise wies, die ersten zarten Pflanzen welche ich unter der Anleitung meiner Mutter pflanzte und nun in dem Blumenkasten durch die Erde brachen. All diese Bilder ziehen durch meinen Kopf.

Da war aber noch etwas, was mich bis heute so fasziniert, dass ich es nicht vergessen kann. Das Gefühl der endlosen Möglichkeiten. Es war als ob man eine Geschichte lesen wollte und in einer riesigen Bibliothek wohnte. Mit jeder Sekunde deines Lebens ahnst du die Konsequenz von noch so winzigen Handlungen, die deine Möglichen immer weiter einschränken.“

In mir regt sich eine ferne Erinnerung an das Gefühl welches Adrian mir da beschreibt. Als ich Luft hole um zu sprechen:

So ihr beiden, wenn ihr mit eurem Picknick fertig seid, packt das Geschirr einfach wieder in den Korb und bringt ihn auf dem Weg nach Hause wieder vorbei.“

-Kapitel 4.2-                                                                -Kapitel 4.3-