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Lovestory Science Fiction

Kapitel 4.2 -déjà vu-

© Lucienne

Ich kann die Neugier in seinem Gesicht lesen. Seine hochgezogenen Augenbrauen zeigen seine völlige Überraschung.

Das ist nicht das, was ich erwartete.“

Dafür entspricht deine Reaktion meiner Erwartung! Spielen wir weiter?“

Worauf hast Du jetzt Lust? Vielleicht etwas trinken?“

Warum nicht. Kennst du einen netten Ort, wo wir hin können?“

Ich denke schon.“

Eine Zeitlang gehen wir schweigend die Paulinenstraße runter. Etwa nach 3 Minuten kommen wir an eine Cafe-Bar.

Lass uns einige Dinge holen, für ein Picknick.“

Wir gehen in das Cafe, einen Augenblick orientiert sich Adrian, dann strebt er an die Theke und redet mit der Bedienung. Die dunkelhaarige Schönheit lacht auf und legt ihre Hand auf die Seine. Zweimal tappt sie auf seine Hand, dann schmunzelt sie, zwinkert ihm zu und geht in die Küche. Als Adrian sich umdreht und grinsend zu mir zurückkommt, bin ich schon angesäuert.

Eine Freundin von dir?“

Ich weiß, dass ich mich zickig anhöre, kann aber nicht aus meiner Haut. Die Erfahrung von Eifersucht ist mir neu. Die Beziehungen vor Adrian waren meist flüchtig und gaben nie Anlass zu Eifersucht. Mir wird klar, was das bedeutet. Zum Glück rettet er die Situation und lacht auf.

Wohl eher eine Freundin meiner Mutter. Sie packt uns schnell etwas zusammen und gibt uns sogar eine Decke mit.“

Ich komme mir albern und naiv vor und merke, wie mir die Röte ins Gesicht steigt. Verlegen blicke ich zur Seite.

Komm lass uns noch einen Augenblick hinsetzen, es wird noch etwas dauern.“

Wir setzen uns an einen Fensterplatz.

Die dunkelhaarige Schönheit kommt zu uns an den Tisch und stellt zwei Schalen und zwei Gläser nacheinander vor uns ab.

Hi, ich bin Alina. Es dauert noch einen Augenblick, damit euch die Zeit nicht so lang wird.“

Danke Alina, das ist Juliana, eine Mitschülerin und Freundin von mir.“

Hallo Alina, danke für die Mühe mit dem Picknick.“

Mache ich gern. Weißt du, Adrian bringt nicht oft Freunde mit.“

Ihr Lächeln und ihre Freundlichkeit sind echt und werten die wenigen Worte auf.

Ich lächle zurück.

Als sie sich umdreht und an einen anderen Tisch geht, schaue ich ihr mit einem angenehmen Gefühl nach, ich mag sie.

Du bist oft hier, nicht wahr?“

Ziemlich oft, ein- zweimal die Woche.“

Was ist das?“

Ich zeige auf die Schale.

Ich denke eine Vorspeise. Probiere selbst.“

Ich nehme den Löffel und probiere von dem Mus.

Hm, lecker, schmeckt fruchtig, kann ich etwas Salz haben?“

Lass das mit dem Salz lieber sein.“

Warum, sind sie dann beleidigt?“

Erstaunt schaue ich zu Adrian.

So hätte ich Alina nicht eingeschätzt.“

Nein das ist es nicht. Ich würde nur das Salz nicht nehmen. Es ist in Tütchen abgepackt.“

Na und? Ach wegen dem Müll meinst du?“

Nein es ist kein gutes Salz.“

Ach Adrian, komm schon. Was meinst du denn damit?“

Er schaut sich im Laden um als suche er etwas. Dann steht er auf und geht an einen anderen Tisch quer durch den Raum. Ein Pärchen sitzt daran.

Entschuldigung, dürfte ich bitte ein Päckchen Salz haben?“

Als er zu unserem Tisch zurückkommt, händigt er mir wortlos das Päckchen aus. Ich nehme es entgegen und bin ratlos, was ich damit tun soll.

Na los, lies.“

Ich tue ihm den Gefallen:

Salz.“

Lies weiter.“

Rieselhilfe…E 535“

Bitte, was sage ich!“

Adrian es ist nur ein Zusatz, damit das Salz nicht klumpt.“

Gut, was meinst du woraus besteht die Rieselhilfe?“

Weiß ich nicht. Glaubst du, ich kenne alle Zusatzstoffe auswendig?“

E 535 ist Natriumferrocyanid. Glaubst du das ein Cyanid gesund ist?“

Wahrscheinlich ist die Menge so gering, das es niemandem schadet.“

Vielleicht. Aber warum ist es überhaupt zugelassen?“

Warum erzählst du mir das, Adrian? Können wir nicht über etwas passenderes reden?“

Juliana, ich will dich nicht belehren. Darum geht es mir nicht. Ich glaube, dass du tiefer blicken kannst.“

Meine Güte Adrian, du redest wieder in Rätseln. Der Deal war, dass du mich ablenken solltest, damit ich mir keine Gedanken machen muss. Das ist im Augenblick nicht hilfreich!“

Du hast recht, entschuldige.“

Sag mal, mir fällt da gerade ein, dass ich schon ein paarmal fragen wollte warum du es bei unserer ersten Begegnung so eilig hattest. Sonst sehe ich dich selten rennen.“

Er schaut mich konzentriert an und die Augenbrauen ziehen sich ein wenig zusammen.

Ach das, ich hatte etwas probiert und darüber die Zeit aus den Augen verloren. Ich musste mich beeilen.“

Was hattest du denn probiert, was dich die Zeit vergessen ließ? Was immer es auch war, dadurch haben wir uns getroffen.“

Na gut, aber versprich mir nicht zu lachen?“

Also jetzt machst du mich noch neugieriger. Was kann das sein, das du befürchtest, ich könnte darüber lachen?“

Er wirkt ein wenig verlegen und sucht scheinbar nach den richtigen Worten.

Kannst du dich an deine Kindheit erinnern? Das Gefühl dieser scheinbar endlosen, riesigen Welt? So voller Wunder, Geheimnisse die es zu enträtseln galt?“

Na ja, wir waren Kinder. Alles war neu für uns.“

Mag sein. Schade, dass wir das Staunen über die Dinge verlernt haben. Alles was wir um uns herum wahrnehmen und von dem wir doch so wenig verstehen.“

Ich schaue ihn an, hänge an seinen Lippen. Mit wenigen Worten hat er mich in meine Kindheit versetzt, in all die Wunder, die Allmacht meiner Eltern, die alles wussten und scheinbar alles mühelos vollbrachten. Die Dinge, die sie uns zeigten, kleine und große Tricks oder Magie, in die sie uns einweihten. Meine erste Schleife, die ich band, das Bild eines Rehs in dem Fernglas meines Vaters, was er mir leise wies, die ersten zarten Pflanzen welche ich unter der Anleitung meiner Mutter pflanzte und nun in dem Blumenkasten durch die Erde brachen. All diese Bilder ziehen durch meinen Kopf.

Da war aber noch etwas, was mich bis heute so fasziniert, dass ich es nicht vergessen kann. Das Gefühl der endlosen Möglichkeiten. Es war als ob man eine Geschichte lesen wollte und in einer riesigen Bibliothek wohnte. Mit jeder Sekunde deines Lebens ahnst du die Konsequenz von noch so winzigen Handlungen, die deine Möglichen immer weiter einschränken.“

In mir regt sich eine ferne Erinnerung an das Gefühl welches Adrian mir da beschreibt. Als ich Luft hole um zu sprechen:

So ihr beiden, wenn ihr mit eurem Picknick fertig seid, packt das Geschirr einfach wieder in den Korb und bringt ihn auf dem Weg nach Hause wieder vorbei.“

-Kapitel 4.2-                                                                -Kapitel 4.3-

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Kapitel 3 -Alltag-

© Lucienne

Edith nervt! Sie ist meine Schwester und jeder nennt sie Didi, selbst meine Mutter. Eigentlich will ich jetzt allein sein. Mir schwirrt der Kopf und ich habe so viel, was ich erstmal verarbeiten muss. Das mit Adrian war nicht geplant. Vorgestern hatte ich ihn noch nicht einmal wahrgenommen und seit gestern kann ich nicht aufhören an ihn zu denken. Innerhalb eines Tages hat sich mein Leben komplett verändert. Dinge, die mir wichtig sind, treten in den Hintergrund und werden von nur einem Ereignis abgelöst. In einer Stunde sehen wir uns in der Schule wieder. Wird es wie gestern, oder hat sich alles geändert. Wie soll ich mich verhalten, was erzähle ich Tina?
„Verdammt Jules, steh endlich auf! Ich habe keine Lust alles allein zu erledigen!“

Edith brüllt aus der Küche, durch meine geschlossene Zimmertür und sie nervt!

Um ihrem Genörgel zu entkommen, ziehe ich die Bettdecke über den Kopf. Selbst unter der Bettdecke kann ich hören, wie die Tür zum Badzimmer aufgestoßen wird.

„Juliana! Ich schwöre, wenn Du zu spät in die Schule kommst, bleibst Du den Rest der Woche im Haus und bringst den Haushalt auf Vordermann!“

Verdammt, wenn meine Mutter mich bei meinem vollständigen Namen ruft, meint sie es ernst.

Entnervt schiebe ich die Bettdecke zur Seite. Es wird sowieso Zeit das ich mich fertig mache. Auf den Weg ins Bad schnappe ich mir ein paar Utensilien und stampfe geräuschvoll zur Tür. Mir schießt wieder die Frage durch den Kopf, wieso Adrian es bei unserer Begegnung so eilig gehabt hatte. Zwei Mal habe ich ihn danach gefragt, zwei Mal bekam ich keine Antwort. Ich nehme mir vor ihn heute erneut danach zu fragen.

Mit beiden Fäusten an der Hüfte, steht Edith vor meiner Tür, als ich diese öffne.

„Du kannst den Tisch abräumen und das Geschirr in den Spühler stellen!“

„Kann ich vorher auch noch essen?“

„Klar, wo du doch massenhaft Zeit hast! Wirf mal einen Blick auf die Uhr.“

Sie deutet mit dem Kopf auf die Uhr. Mist! Es ist halb acht und ich werde zu spät kommen!

„Oh Didi bitte, kannst du das machen, sonst schaffe ich das nicht. Heute darf ich nicht zu spät kommen, bitte!“

„Dein Problem Jules, Mama wird dir die Hölle heiß machen, ich hatte dich gewarnt.“

„Didi, bitte! Das ist mir egal. Ich darf heute nicht zu spät kommen.“

„Was ist heute so wichtig, hm? Eine Klausur?“

„Didi, bitte!“

Sekundenlang mustert sie mich und ahnt, was ihre Schwester bewegt.

„Ok Jules, ich will wissen was läuft. Sieh zu das du in 10 Minuten fertig bist.“

Ich kann das Klappern des Geschirrs hören, während ich mich fertig mache. Fünfzehn Minuten später sind wir beide vor unserem Wohnblock, auf dem Weg zur Schule.

„Nun sag schon, wer?“

„Adrian, aus der C.“

„Aus der C sagst du? Wer soll…warte! Der Nerd-Adrian? Physik, Mathe Adrian?“

„Keine Ahnung, Adrian halt. Über Unterricht in der Schule haben wir uns nicht gerade unterhalten.“

„Schwester, ich hoffe, du weißt auf was du dich da einlässt.

„Jetzt fang du auch noch an! Gibt es irgendetwas Konkretes, was du gegen ihn sagen kannst? Tina machte auch solche Andeutungen. Mir ist nichts Komisches aufgefallen und wir haben fast den ganzen Tag nach der Schule zusammen verbracht.“

„Wo fang ich an? Der Typ hat keine Freunde, ich glaube der hat nicht mal Kontakte. Keiner weiß irgendetwas über den. Er meidet seine Mitschüler und die meiden ihn. Er quatscht, als käme er aus dem letzten Jahrhundert.

Der ist so gut in der Schule, dass es einen schon ankotzt!“

„Und das stört dich?“

„Mich? Nein Jules, jeden!“

„Nicht jeden Didi, nicht mich.“

Wir schauen zusammen auf den Schulhof, wo sich eine bizarre Szene vor unseren Augen abspielt. Mehrere Schüler stehen sich gegenüber und eine hitzige Diskussion heizt die Stimmung an. Scheinbar geht es um eine Aktion, die die Schüler planen und man ist sich über die Details noch nicht einig. Deutlich können wir die Worte „Klima“ und „Retten“ sowie „jetzt handeln!“.

„Jules, Himmel bist du spät! Hallo Didi.“

Tina stößt zu uns und umarmt erst Didi dann mich.

„Ich dachte du hast schon was anderes vor und kommst deshalb heute gar nicht mehr.“

Dabei zwinkert sie mir verschwörerisch zu.

„Dasselbe könnte ich auch über dich sagen, oder nicht?“

„Wusstest du von Adrian?“ fragt Didi.

Tina zieht die Augenbrauen hoch.

„Adrian? Im Ernst, Jules.“

Es wird lauter und in die Schülergruppe neben uns kommt Bewegung. Es werden Transparente und Plakate hervorgeholt, ausgerollt und aufgestellt, auf denen folgende Texte zu lesen sind: Friday for Future, Rettet unsere Welt, Handelt, JETZT!

„Endlich passiert hier mal was. Wurde auch Zeit!“

„Hallo Juliana. Stellst du mich deinen Begleitern vor?“

Ausgerechnet jetzt muss Adrian auftauchen, ist ja klar.

„Hallo Adrian, das ist Tina und meine Schwester Didi.“

Adrian zieht die Augenbrauen hoch.

„Hallo Tina. Didi?“

Er blickt von Tina zu Didi und wartet, ohne den Blick abzuwenden. Eine ganze Weile vergeht, bis mir dämmert, dass er auf den richtigen Namen meiner Schwester wartet.

„Edith, meine Schwester heißt Edith. Aber alle rufen sie nur Didi.“

„Nun Edith, schön dich kennen zu lernen.“

Edith verdreht die Augen.

„Ich hatte es dir gesagt, Jules. Sag nicht ich hätte es dir nicht gesagt!“

Didi ist nicht wegen ihres Taktgefühls bekannt.

„Meine Schwester meinte ich solle mich vor dir in Acht nehmen. Muss ich das, Adrian?“

„Von mir geht keine Gefahr aus.“

Sein Blick geht in Richtung der Schülergruppe.

„Wir sollten reingehen, der Unterricht beginnt gleich. Sehen wir uns in der Pause, Juliana?“

Bevor ich antworten kann, landet ein Hauch von Kuss auf meiner Wange.

„Tina, Edith…“

Adrian dreht sich um und geht, ohne eine Antwort abzuwarten oder einen Blick zurück, in das Schulgebäude. Als wir ihm folgen, spricht keiner von uns ein Wort.

-Kapitel 2-                                                                   -Kapitel 4.1-

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Kapitel 2 -Schmetterlinge-

Adrian

Da ist es wieder! Die ganzen Schulstunden habe ich nicht mehr an den heutigen Morgen und an ihn gedacht. Doch jetzt ist es wieder da. Was ist los mit mir? Tina ist mit Jochen nach der zweiten Stunde in die Stadt abgehauen. Die Beiden haben das jetzt das zweite Mal in diesem Monat abgezogen. Ich habe da so eine Ahnung, dass Tina sich in der nächsten Zeit rarmachen wird.

Irgendwie beneide ich sie für ihren zwanglosen Umgang mit Jochen, was mich wieder zu Adrian bringt. Was ist an ihm, das mich so beschäftigt? Seine Stimme, na klar! Aber er war mir so nah. Wonach hat er nur gerochen? So nah wie er war, muss ich doch seinen Geruch bemerkt haben? Nähe ja und berührt hat er mich. Oder war das alles nur eine widerliche Anmache? Nein, das kann nicht sein, seine Verwirrung, seine Unsicherheit, war unmöglich gespielt! Mir wird warm, es ist ja auch warm.

Ich bleibe stehen und hebe meine rechte Hand an die Stirn, um meinen Blick gegen die Sonne abzuschirmen. Der Pulli, den ich mir über gelegt

habe, rutscht mir von der Schulter. Obwohl ich sofort nachfasse, kann ich ihn nicht greifen. Aber er fällt nicht zu Boden, in einem Paar Händen verbleibt er in Höhe meiner Hüfte. Mein Blick folgt den Händen, über seine Arme, zu dem Oberkörper, in sein Gesicht. Adrian. Seine Gesichtszüge sind konzentriert. Nicht freundlich, kein Lächeln, aber auch nicht abweisend. Nur konzentriert.

„Danke.“

Keine Antwort. Er blickt von dem Pulli in meine Augen. Der konzentrierte Gesichtsausdruck weicht einem Erkennen. Meine Härchen richten sich wieder auf.

„Du!“

Es wird mir noch wärmer.

„Ja ich. Trittst Du mich jetzt wieder oder…“

Er verdreht die Augen.

„Hey, ich hatte mich entschuldigt und nochmal: Es war keine Absicht. Weder das ich dir in die Hacke getreten habe noch…noch das andere.“

Als ich nach dem Pulli greife, presse ich die Lippen aufeinander.

Suche und finde seinen Augenkontakt, halte ihn.

Mit Absicht berühre ich seine Hände. Streife die Innenflächen, seine, mit dem Pulli in der Faust entlang. Lasse in dem Blickkontakt keine Sekunde nach. Interesse flackert in seinen Augen auf.

„Du bist Julianna, nicht wahr? Aus der A?“

Ich halte den Blick und ziehe den Pulli langsam zu mir. Die Zeit verstreicht, endlos, bis ich antworte.

„Ja.“

„Du bist mir bisher noch nicht aufgefallen.“

Ich schnaube! Dieser Vollpfosten!

„Danke schön! Du bist auch nicht gerade ein strahlender Adonis!“

„So meinte ich das nicht. Die meisten mit denen ich zu tun habe sind sehr oberflächlich, sogar verletzend. Ich habe dich weder heute Morgen noch jetzt an deinem Handy gesehen. Viele hätten während unserer Unterhaltung schon mindestens einmal ihre Nachrichten gecheckt. Du nicht.“

Mein Gefühl sagt mir, das ich gerade rot anlaufe. Verlegen blicke ich zu Boden.

„Vielleicht ist mein Handy ja einfach nur kaputt?“

Mit einem schnellen Blick in sein Gesicht erkenne ich, dass er jetzt endlich lächelt.

„Ja vielleicht. Oder dir ist unser Gespräch einfach nur wichtiger als irgendeine Nachricht über eine Mahlzeit oder Kosmetiktipps. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit die du mir schenkst.“

Jetzt muss ich schmunzeln.

„Hast du mich denn jetzt bemerkt?“

„Dir gehört meine ganze Aufmerksamkeit! Um mein schlechtes Benehmen von heute Morgen zu entschuldigen, darf ich dich zu einem Eistee oder so was einladen?“

Ich lache auf, freue mich über die Einladung.

„Entschuldigung angenommen, du darfst mir ein Eis ausgeben.“

Etwas übertrieben deutet er eine Verbeugung an. Er setzt sich in Bewegung und ich gehe neben ihm an der rechten Seite. Er schmunzelt und sieht mich mit hochgezogener Augenbraue an.

„Was? Habe ich was falsch gemacht?“

„Nein. Nein, ganz im Gegenteil, alles genau richtig.“

„Wie meinst Du das?“

„Historisch geht die Dame immer an der rechten Seite, damit das Schwert auf der linken Seite frei ist.“

„Ganz ehrlich, du weißt schon, dass das schräg rüberkommt? Warum hattest Du es heute morgen so eilig…“

An seinen dunklen, braunen Augen hängend, bemerke ich den tiefstehenden Pflasterstein am Ende des Schulhofs nicht.

Mein Fuß knickt um und ein kurzer, stechender Schmerz durchfährt mich. Mit einem spitzen Schrei strauchle ich und bereite mich auf den kommenden Sturz vor. Meine Hände schnellen nach vorn. Mit einer schnellen Drehung fängt Adrian mich auf und ich liege in seinen Armen. Ewig! Ganz langsam richtet er mich auf und stützt mich am linken Arm und seine Rechte umfasst meine Tailie.

„Übrigens bleibt so auch der rechte Arm bei der Dame, um sie zum Beispiel aufzufangen, sollte sie stürzen.“

Ich merke wie mir noch wärmer wird. Die Stellen an denen er mich berührt, glühen förmlich.

Mein Blick trifft den seinen. Jetzt kommt noch ein flaues Gefühl im Bauch dazu. Er schaut mit einer völlig ernsten Mine zu mir herab, so ernst, dass ich auflachen muss. Auch er beginnt zu lächeln. Mit allen Sinnen ist mir bewusst was jetzt gerade passiert. Vage hoffe ich, dass es ihm genauso geht.

Verdammt, Tina wird mich durchschütteln!

Seine rechte Hand wandert von meiner Taille in meine linke Hand.

„Wollen wir weitergehen?“

Ich bleibe ihm die Antwort schuldig und blicke ihn nur weiter an. Wieviel Empfindung kann in nur einem Händedruck liegen? Ist es möglich, sich Hals über Kopf zu verlieben? Seine Hand hält meine, warm und fest. Es fühlt sich sicher und geborgen an.

Irgendwann, sehr viel später, während ich versuche das Chaos in mir zu ordnen, bleiben wir stehen. Vor dem Kiosk, an der Ecke Renata – Paulinenstraße lässt er meine Hand los.

„Welches Eis möchtest du denn?“

„Ich…äh, irgendwas mit Erdbeere…bitte.“

Er wendet sich ab und geht die zwei Schritte zu dem geöffneten Fenster des Kiosks, redet mit der Frau dahinter. Langsam kehren meine Gedanken zu mir zurück. Was ist es, dass ihn in meinen Augen interessant erscheinen lässt? Heute morgen habe ich Tina noch heftig widersprochen als sie es mir mehr unterstellte.

„Erdbeere, wie bestellt. Wollen wir uns irgendwo setzen oder gehen wir noch ein Stück?“

„Ich würde gerne noch gehen.“

Wir schlendern einige Minuten durch die Straße dahin. Mir fällt wieder ein, was ich ihn fragen wollte, kurz bevor ich fast stürzte und er mich auffing. Gerade als ich fragen will:

„Gut?“

Ich bleibe stehen und schaue ihn verwirrt an.

„Schmecktˋs?“

„Oh!“

Ich blicke auf mein Eis und merke das ich es fast gegessen habe, ohne auch nur entfernt den Geschmack wahrgenommen zu haben. Wieder spüre ich, wie mir die Wärme ins Gesicht steigt.

„Sicher, ganz lecker,“ versichere ich schnell, um meine Unsicherheit zu überspielen.

„Wirklich?“

Meine Unsicherheit verstärkt sich. Kann es sein, das er mich so einfach durchschaut? Ist das Chaos das er in mir auslöst so offensichtlich?

„Doch, ganz sicher. Wieso?“

„Ich meine nur. Vielleicht sollte ich mich selbst davon überzeugen?“

Erneut blickt er mich mit vollkommen ernster Mine an. Dann wird mir klar, das er mich neckt! Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen und löse den Blickkontakt, schaue auf mein Eis, lege den Kopf leicht schräg.

„Wo du es erwähnst, ein wenig komisch schmeckt es schon.“

Als ich von meinem Eis wieder aufblicke und seinen Blick suche, strecke ich ihm meine Hand mit dem Eis entgegen.

„Was meinst du?“

Einige Sekunden taxiert er mich, dann betont langsam, schleckt er an dem Eis.

„Nein, alles in Ordnung. Erdbeere durch und durch.“

„Na, dann ist ja alles gut.“

„Allerdings…“

„Ja?“

„Allerdings, etwas ist doch …anders.“

„Was soll denn anders sein?“

„Lass mich das nochmal nachprüfen.“

Verwirrt schaue ich auf mein Eis und strecke es ihm in meiner Faust entgegen. Spielt er ein weiteres Mal mit mir? Er schaut mich prüfend an. Dann fährt seine linke Hand neben meine Faust und schiebt diese zur Seite. Sacht tritt er näher zu mir. Ich fühle seine Rechte sanft meinen Rücken hinauftasten zu meinem Nacken. Leicht, fast scheu berühren sich unsere Lippen. Kosten, schmecken den anderen, kühl und süß von dem Eis. Jetzt endlich weiß ich wonach er duftet: Moos und dunkle Schokolade.

Meine Arme sinken hinab, ich lasse das Eis fallen. Überwältigt von der Situation, schießt mein Puls in die Höhe. Unfähig zu einer Bewegung, absolviert mein Körper gerade gefühlt einen 100 Meter Sprint.

-Kapitel 1-                                                                       -Kapitel 3-

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Kapitel 1 -Kontakt-

Julianna

Die Sonne brennt vom Himmel und ich merke das ich viel zu warm angezogen bin. Bloß nicht schwitzen, denke ich mir und überlege den Pulli auszuziehen. Ich habe natürlich noch eine Bluse untergezogen. Allerdings ist die weiß und der BH ist es eben nicht. Er ist nicht schwarz, aber das Grau sollte durch die Bluse deutlich zu erkennen sein. Ich denke ich frage nachher Tina. „Bloß nicht schwitzen!“ murmle ich und bremse meine Schrittgeschwindigkeit um die Hälfte runter. Jemand kracht in mich rein und tritt schmerzhaft in meine linke Ferse.

„Au!“

„Tschuldige!“

„Eye das tat echt weh.“

„Das wollte ich nicht. Du bist einfach stehengeblieben.“

„Bin ich nicht! Und außerdem warum schleichst Du hinter mir her?“

„Hey das tue ich nicht! Ich wollte an dir vorbei, aber wie du vielleicht selbst siehst, sind wir hier nicht allein.“

Er zeichnet mit seinem rechten Arm einen Halbkreis um sich herum und trifft mich leicht an der Schulter, streift mit seinen Fingerspitzen über meinen Busen.

Ich erstarre und schaue ihn mir genauer an. Im ersten Augenblick wirkt er eher unscheinbar und unsicher. Seine dunklen Haare sind eine Spur zu lang und scheinbar hastig in einen rechten Scheitel gezwungen. Eine gute Handbreit größer als ich, ein wenig schlaksig vielleicht. Ich bin mir nicht sicher. Er scheint sich kaschieren zu wollen. Himmel, jetzt wird er auch noch rot und schaut zum Boden. Gott wie süß, schüchtern ist er auch noch.

„Ich nehme mal an, das war jetzt auch keine Absicht, oder?“

„Ich, ähm…ähm, der Unterricht geht gleich los. Ich muss rein. Tschuldige.“

Er schlängelt sich an mir vorbei und weicht dabei einem anderen Mädchen aus, rempelt aber einen Jungen an.

„Ehy geht’s noch?“

„Sorry Mann, war keine Absicht.“

Seine Stimme klingt noch nach, als ich ihm irritiert nachschaue. Ein Timbre, das mir eine Gänsehaut verschafft. Die Stimmlage und Lautstärke sind nicht so auffällig, wie der Unterton der eindringlich mitschwingt, fast zwingend.

Jules! Huhu träumst du?“

Tina habe ich nicht gesehen, als sie zu mir aufschließt umarmen wir uns kurz und gehen dann weiter zum Eingang der Schule.

„Was wollte denn der Loser?

„Ich weiß es nicht, wüsste es aber gerne.“

Tinas Augenbrauen hüpfen hoch.

„Wie jetzt, seit wann interessieren dich Streuner?“

„Kann ich dir nicht sagen, ich weiß es selbst nicht.

„Oh Mann, lass uns reingehen, bevor du dich noch verguckst.

„Sag schon kennst du ihn?“

„Ja, ich weiß, wer er ist. Das ist ein Einzelgänger. Lass bloß die Finger von dem. Einzelgänger sind komisch. Es gibt Gründe, warum niemand mit denen befreundet ist.“

Sie ist stehengeblieben und sucht meinen Blick.

„Versprich mir nichts Blödes anzustellen!“

„Ja doch! Nur weil ich wissen will, wer er ist, will ich noch lange nichts von ihm. Du machst mehr davon als ist. Sag schon, wer war das?“

„Das ist Adrian aus der C. Ich hoffe du weißt, was du tust.“

„Hör schon auf. Ich will doch nur wissen, wer es war.

Hilf mir lieber bei meinem Problem! Hätte nicht gedacht, dass es heute so warm wird. Es ist erst morgens und ich transpiriere schon.“

„Zieh doch deinen Pulli aus, du hast doch eine Bluse unter!“

„Ja, doch den BH sieht man unter der Bluse.“

„Na, das will ich doch hoffen! Nur ein weiterer Hingucker!“

Wir lachen und gehen in die Klasse, zu der ersten Unterrichtsstunde. Als das Material auf dem Schultisch liegt, dreht Tina sich um und fängt an mit Jochen zu flirten. Meine Gedanken zieht es zu Adrian zurück. Immer wieder läuft die Szene vor meinem inneren Auge ab und endet mit seiner Berührung. Na klar, es war nur ein zufälliges, flüchtiges Streifen. Dennoch, meine Härchen richten sich bei dem Gedanken auf und mir wird wieder warm. Gerade als ich zur Toilette will, um meinen Pulli loszuwerden, kommt Länger in den Klassenraum, unser Englischlehrer.

-Materie-                                                                         -Kapitel 2-

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Adrian
© Dan Prescot

„Schule ist ätzend, ihr dürft mich gerne zitieren!“

Ich bin Julianna Beck und gehen auf das Gymnasium. Tagein, tagaus der selbe Trott.

Tina ist meine beste Freundin und wir machen ziemlich viel gemeinsam.

Meinen Bruder Lukas vermisse ich, seit er nach Hannover gegangen ist, um zu studieren.

Doch da ist dieser Typ, unauffällig und unheimlich. Er zieht mich immer weiter in seinen Bann. Wenn er auftaucht, bin ich nicht mehr dieselbe.

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Kapitel 4.1 – déjà vu-

Julianna

Weißt du überhaupt was CO2 mit dem Klimawandel zu tun hat? Du hast doch keine Ahnung!“

Eigentlich schon, ich glaube sogar, dass ich das besser beurteilen kann wie du.“

Ach ja? Erklär mir dann doch mal, weshalb du glaubst, dass das, was wir hier tun nichts bringt?“

Okay, der Stickstoffanteil in der Atmosphäre beträgt 78%, der Sauerstoffanteil 21%. Die verbleibenden 1% verteilen sich auf verschiedene Gase, vorwiegend Edelgase. 0,04% davon beträgt der Anteil an CO2. Von diesem 0,04% sind 96% naturgegeben und vom Menschen kaum zu beeinflussen. Für die restlichen 4 Prozent ist der Mensch verantwortlich. Was denkst du, wie groß der Anteil ist, den du beeinflusst, hier in Deutschland?“

Äh…“

Welches sind doch gleich deine Argumente?“

Du redest das alles hier schlecht!

Nein, tue ich nicht. Auch ich denke wir müssen handeln, aber ich halte das einfach nicht für den richtigen Weg. Außerdem hätte ich dabei das Gefühl benutzt zu werden.“

Die beiden Kontrahenten starren sich gespannt an. Die anderen aus der Gruppe sind durch die hitzige Diskussion aufmerksam geworden. Einige legen ihre Schilder und Transparente beiseite und nähern sich den Beiden.

He Adrian, ich habe dich gesucht. Wir wollten uns doch treffen, schon vergessen?“

Indem ich mich zwischen die Beiden dränge, versuche ich die Situation zu entschärfen. Als ich mich bei Adrian unterharke und ihn von der stetig wachsenden Gruppe wegziehen will, versperrt uns jemand den Weg.

Sorry, so einfach ist das nicht, wir sind hier noch nicht fertig.“

Bevor Adrian etwas erwidern kann, komme ich ihm zuvor:

Aber nicht heute, er ist verabredet.“

Wir schlängeln uns an ihm vorbei und während er noch perplex hinter uns herschaut, biegen wir um die Ecke des Schulgebäudes.

Himmel, mit denen ist nicht gut Kirschen essen! Vielleicht solltest du sie nicht unbedingt versuchen zu belehren?“

Das hatte ich auch nicht vor. Aber einiges von dem, was er behauptet, ist nicht richtig.“

Mag sein, willst du deswegen einen Streit provozieren?“

Adrian bleibt stehen, fasst mit beiden Händen an meine Schultern und sieht mir ins Gesicht, sucht meinen Blick.

Juliana, ist das deine Meinung?“

Verwirrt schaue ich in sein Gesicht. Da ist wieder dieser konzentrierte Ausdruck, mit dem er mich in seinem Bann zieht.

Wenn dem niemand widerspricht, werden sie glauben alles ist Okay, was sie behaupten.“

Er sucht in meinem Gesicht nach Verständnis. Warum werde ich unsicher, wenn er mich so anschaut?

Und wenn schon, es ist einfach keine Provokation wert.“

Ich zucke mit den Achseln, soweit es mir möglich ist. Sein Griff an meine Schultern wird bestimmter und ich sehe, wie er die Lippen aufeinanderpresst.

Wie kann ich dir das erklären?

Es ist eine Art von Manipulation. Wenn ich dir sage, von jetzt an sollst du meine Tasche in die Schule tragen und du widersprichst nicht, gehe ich davon aus, dass du es auch machst. Sollte ich morgen ohne Unterlagen in der Schule auftauchen und die Lehrer eine Erklärung für mein Verhalten verlangen, könnte ich die Schuld für mein Verhalten dir zuschieben. Verstehst du? Jeder der zuhörte, als ich das von dir verlangt habe, wird das bestätigen.“

Sein Blick haftet fest an meinen Augen.

Die Verantwortung für mein Verhalten trägst auf einmal Du!“

Du übertreibst!“

Wirklich? Schau dich um, dies Prinzip wird überall angewendet. Niemand denkt mehr darüber nach. Probiere es selbst einmal, bewusst.

Ich winde mich aus seinem Griff, greife nach seiner rechten Hand.

Komm schon, die Pause ist gleich vorbei und deswegen bin ich nicht zu dir gekommen.“

Sein Gesicht verliert etwas von der angespannten Konzentration, wird weicher.

Du hast recht, verderben wir nicht den Augenblick. Dafür ist er zu wertvoll.“

Wir schlendern langsam dahin.

Ich wollte dich schon zweimal fragen, warum du so in Eile warst, als wir uns das erste Mal begegneten.“

Hm…“

Hey Jules! Was habt ihr schon wieder angestellt?“

Tina hat uns aufgespürt und scheinbar ihre Verabredung mit Jochen nur wegen uns verschoben.

Die Hälfte des Schulhofs scheint nach euch zu suchen und ich habe nicht das Gefühl, aus Freundlichkeit.“

Hi Tina, ja die scheinen nicht gerade begeistert davon zu sein, wenn man eine andere Meinung hat. Was meinst du Adrian, überstehen wir den Tag oder erwischt uns die Meute?“

Adrian schaut von Tina zu mir. Für einen Augenblick kräuselt sich seine Stirn.

Was meinst du Juliana, ich hätte jetzt Lust auf ein Erdbeereis, du nicht auch?“

Sofort kommt mir der gestrige Tag in den Sinn, ich kann nicht anders und lächle. Meine Gefühle fahren Achterbahn.

Da kenne ich eine nette Trinkhalle, komm lass uns gehen.“

Mein Herz pocht wie wild. Eigentlich schwänze ich keinen Unterricht, aber mit dem Gedanken an Gestern hoffe ich, da anzuknüpfen.

Tina, bring meine Sachen mit, wir sehen uns nachher.“

Seine Hand greifend, renne ich los. Tina schüttelt den Kopf und schaut uns nach.

Als wir aus der Sichtweite der Schule sind, werde ich langsamer und gehe im Schritttempo weiter. Seine Hand halte ich nach wie vor.

Das tut mir leid, dich da reingezogen zu haben. Eigentlich mische ich mich nicht in die Angelegenheiten Fremder, egal welche Konsequenz das für sie hat.“

Was meinst du? Sie treten doch für eine gute Sache ein, oder glaubst du nicht?“

Sicherlich. Ihr Engagement ist ohne Frage gut gemeint.“

Was also stört dich?“

Hatte ich schon gesagt, vorhin. Wir sind da, Erdbeere?“

Adrian, komm schon! Was meinst du damit?“

Er dreht mich erneut zu sich. Diesmal jedoch sehr sanft, bedacht. Seine rechte Hand fährt an meine Stirn und streift leicht eine Haarsträhne aus meinem Gesicht.

Juliana lass uns erst das Eis genießen, bevor wir weiterreden.“

Gut, aber irgendwie habe ich den Eindruck, du weichst mir aus. In einigen Dingen.“

Also, Erdbeere?“

Ich lächle, nicke, ich kann nicht anders. Dann klingelt mein Handy. Wann bekomme ich schon mal einen Anruf? Warum ausgerechnet jetzt? Ich checke das Display, es ist Tobias.

Sorry das ist mein Bruder, er studiert in Hannover, gewöhnlich ruft er mich nicht um die Uhrzeit an. Ich frage kurz, was er hat, ok?“

Sicher…“

Es passt ihm nicht, das weiß ich, aber mein Gefühl sagt mir, dass etwas nicht stimmt und es ist mein großer Bruder.

Hi Tobias, was gibt´s?“

Hi Jules. Geht´s euch gut? Dir und Didi?“

Sicher? Du machst mir Angst. Warum soll es uns nicht gut gehen?“

Sorry Jules, ich bin etwas von der Rolle. Einige Kilometer von hier hat es ein Zugunglück gegeben. Eine Kommilitonin war in dem Zug. Ich dachte echt, sie wäre umgekommen.“

Tobi, das ist schrecklich!“

Ja, aber es ist ihr nichts passiert. Aber einige Andere hatten nicht so viel Glück. Sie hat den Zug wohl vorher verlassen. Es ist verrückt, aber sie hatte jemanden kennengelernt und ist eine Station vor dem Unglück ausgestiegen.“

Tobi, geht es dir denn gut?“

Sicher, ich war ja nicht in dem Zug…“

Tobi, geht es dir gut?“

Jules, ich… ich…“

Tobi, hör mir zu: Geh zu Frank, sag ihm ich hätte dich geschickt. Sag ihm, er hätte was gut bei mir, er soll heute mit dir um die Häuser ziehen, aber bleibt zusammen. Hörst Du? Geh zu Frank!“

Okay, du hast recht. Besser ich gehe zu Frank, für diesen Abend. Ich melde mich morgen wieder. Es tat gut deine Stimme zu hören, Jules.“

Ruf mich an, wann immer dir danach ist, okay? Versprich es mir.“

Mach ich, versprochen. Grüß Didi und erzähl Mom und Dad nichts. Bis Morgen.“

Bis Morgen Tobi.“

Selbst als ich den Anruf beendet habe, schaue ich noch eine Zeitlang auf das dunkle Display. Der Anruf von Tobias hat mich sehr beunruhigt, selten habe ich ihn so aufgewühlt erlebt.

Schlechte Nachrichten?“

Ja. Tobi berichtete von einem Zugunglück. Eine Kommilitonin war wohl in dem Zug.“

Das sind keine guten Nachrichten.“

Nein, ihr ist nichts passiert, das ist es nicht. Aber es scheint ihn ganz schön mitgenommen zu haben. Weißt du, er ist mein großer Bruder und wir verstehen uns echt gut. Aber so habe ich ihn noch nicht erlebt.“

Ich verstehe.“

Er schaut kurz zu Boden, als überlegt er, was er tun soll.

Möchtest Du zurück zur Schule, oder nach Hause?“

Entschlossen schüttele ich den Kopf.

Nein, lass uns hierbleiben und das Eis genießen, sonst mache ich mir unnötig Sorgen.“

Mir kommt ein Gedanke, der mich elektrisiert.

Weißt du Adrian, deine heutige Aufgabe ist es mich zu unterhalten und alle trübsinnigen Gedanken fernzuhalten. Was sagst Du? Bist du dazu in der Lage?“

Auf seiner Stirn bilden sich Falten. So durchdringend schaut er mich an, dass ich denke, ich bin zu weit gegangen.

Das ist mal eine Aufgabe, die es wirklich wert ist. Also gut, ich akzeptiere!“

Mein Puls rast, Wärme breitet sich in meinem Körper aus.

Lass uns zum EMO gehen, das ist 100 Meter von hier und da können wir uns setzen. Aber vorher hole ich uns das Eis.“

Nachdem Adrian zurück ist, schlendern wir schweigend nebeneinander.

Fangen wir mit einem Spiel an, Wahrheit oder Pflicht, was meinst Du?“

Nur wenn ich anfangen darf!“

Gut, Wahrheit.“

Einen Augenblick überlege ich.

Warum weigerst du dich, Spitznamen zu benutzen?“

Das ist einfach. Wer gab dir deinen?“

Das weiß ich gar nicht mehr, aber ich glaube meine Eltern. Vermutlich meine Mutter.“

Was denkst, du warum sie das tat?“

Ich weiß nicht, weil mein Name zu lang ist, um ihn zu rufen?“

Andersrum, wann ruft sie dich bei deinem vollen Namen?“

Ich lache auf.

Na, jedes Mal, wenn sie sauer ist!“

Vielleicht. Allerdings glaube ich eher, dass sie dich bei deinem Namen ruft, wenn sie erwartet, dass du dich erwachsen verhältst. Also wenn du für dein Handeln die Konsequenz übernehmen sollst.“

Überrascht bleibe ich stehen und schaue zu ihm auf.

So habe ich das noch nie gesehen.“

Es gibt noch einen weiteren Grund einen Spitznamen zu verwenden. Es ist ein Zeichen hoher Vertrautheit, eine Art Verbundenheit untereinander.“

So wie bei Didi und mir, oder Tina.“

Vielleicht.“

Wieder habe ich das Gefühl er weicht mir aus, hält seine wahren Gedanken zurück.

Meine Runde, wähle.“

Wahrheit.“

Gut. Bist du mit deinem Leben zufrieden?“

Wie meinst du das? Ob ich mehr daraus machen könnte?“

Nein, ich meine gefällt dir dein Leben, so wie es ist?“

Hm, bestimmt könnte das eine oder andere besser laufen, aber ja, es gefällt mir. Reicht dir das als Antwort?“

Ja, das ist ok. Wahrheit.“

Hast Du Geschwister?“

Nein, ich bin ein Einzelkind.“

Wahrheit.“

Kennst du das Höhlengleichnis von Platon?“

Was? Nein kenne ich nicht. Sollte ich?“

Vermutlich. Es sagt etwas über die Natur unserer Welt und ihre Wahrnehmung durch uns aus. In aller Kürze: Es geht darum, das du dein ganzes Leben in einer Höhle lebst und die Welt nur durch Schatten an der Wand erleben würdest, da du dich nicht umdrehen kannst. Dadurch würdest du wahrscheinlich die Schatten an der Wand für die echten Lebewesen, bzw. die reale Welt halten.“

Das ist ja wie in dem Film Matrix! Der Filmheld lebt sein Leben wie ein Traum, bis er geweckt wird.“

Ja, so ähnlich. Die Botschaft ist, denke ich dieselbe.“

Was ist jetzt die Frage, ob ich Platon kenne oder die Geschichte?“

Die Frage zielte auf die Geschichte ab. Wahrheit“

OK, also lautet die Antwort nein. Hast Du schon immer in Essen gewohnt?“

Sogar in demselben Haus, mein ganzes Leben.“

Also nichts Besonderes?“

Er lächelt, schließt die Augen und schüttelt den Kopf

Na na, halte dich an die Spielregeln. Eine Frage pro Runde.“

Auch ich muss lächeln.

Wahrheit.“

Angenommen du würdest wie in dem Film dein Leben träumen und es wäre ganz ok. Welchen Anlass bräuchtest du, um geweckt werden zu wollen?“

Interessante Frage. Eigentlich will ich mein Leben nicht träumen, ich will es leben.“

Auch wenn es schwierig wäre?“

Jetzt habe ich ihn! Ich lächle ihn an. Seine Stirn furcht sich, er sucht den Fehler.

Wir sollten den Einsatz erhöhen. Der Nächste von uns beiden, der die Spielregeln verletzt, darf seinen Einsatz nicht selbst wählen.“

Er lächelt zurück. Ich werden mutiger.

Einverstanden. Wahrheit.“

Wie viele Beziehungen hattest du?“

Seine rechte Augenbraue hüpft leicht hoch.

Wenn ich diese Beziehung mitzähle, Eine.“

Jetzt bin ich überrascht. Sicher, er ist ein Nerd und sicherlich schwierig, aber er ist zweifelsohne intelligent, sieht gut aus und ist körperlich fit, trainiert. Ich presse die Lippen zusammen, um nicht nachzufragen.

Wahrheit.“

Bist du impulsiv?“

Ja, ich glaube schon.

Wahrheit.“

Woran lag es?“

Was?“

Komm schon! Dass ich deine erste Beziehung bin, natürlich.“

Ich bin…nicht einfach.“

Ja ich weiß, aber das gleichst du locker aus. Was ist also der Grund? Ein dunkles Geheimnis?“

Er lacht auf.

Beeindruckend, wirklich. Ein dunkles Geheimnis, treffender kann man es nicht beschreiben. Gibst du mir zur Beantwortung der Frage einen Zeitaufschub?“

Ich ziehe einen Schmollmund.

Sinn des Spiels ist es mehr über den anderen zu erfahren. Gerade wenn es interessant wird, kneifst du.“

Nein, du erhältst bestimmt eine Antwort auf die Frage, nur habe ein wenig Geduld.“

Was bietest du mir, für meine Geduld?“

Was möchtest du?“

Pflicht statt Wahrheit?“

Prüfend schaut er mir in die Augen, ich halte stand.

Gut, einverstanden. Du geduldest dich so lange, bis ich dir die Antwort geben kann?“

Okay. Allerdings gibt es noch eine weitere Bedingung. Bist du bereit sie zu erfüllen?“

Welche?“

Du musst es genau dann tun, wenn ich es von dir fordere!“

Nur, dass wir uns verstehen, ich bin mir genau bewusst, was du von mir forderst.“

Ich möchte einen Kuss von dir.“

Das ist alles?“

Kopfschütteln.

Nein. Erinnere dich der Bedingung. Und bitte tue es aus Überzeugung.“

Versprochen.“

-Kapitel 3-                                                                    -Kapitel 4.2-

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Lovestory Science Fiction

Realität

© David Scholtissek

Musik: ©Joe Palm “Througt the storm”

Was wäre wenn die Realität nicht so fest ist wie wir glauben? Wenn Zeit und Materie oszillieren, um die eigene Wahrnehmung?
Laurent lebt mit Ellen zusammen.
Und mit Aurora.
Ohne dass die Drei voneinander wissen. Doch Laurent muss sich entscheiden. Schafft er eine Realität mit Ellen, seiner Liebe, dann stirbt Aurora. Bleibt er bei Aurora, begegnet er Ellen niemals.

1.Kapitel -Der Tagtraum-

2.Kapitel -Visionen-

3.Kapitel -Die Fährte-

4.Kapitel -Konvaleszenz-

5.Kapitel -Die Information-

6.Kapitel -Wicca-

7.Kapitel -Transfer-

8.Kapitel -Die Morgenröte-

9.Kapitel -Der Magier-

10.Kapitel -Training-

11.Kapitel -Aufbau-

12.Kapitel -Thesen-

13.Kapitel -Der Drift-

14.Kapitel -Epilog-

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Gedichte Herz

Liebeserklärung

© Dan Prescot

Fünkchen

Wenn das erste Licht die Stimmen der Nacht verstummen lässt,

Die Nebel in den Niederungen wie in einem Traum bedeckt,

Um sich auf die Haut zu legen, kühl und leicht wie Schnee

Und der junge Tag die Träume der Nacht verheißt,

Dann ist die Ungeduld auf das Neue unerträglich.

 

Wenn ich an einem lichten Tag über die Felder streife,

Den Geruch der Gräser und Blüten mit der Luft aufnehme,

Und der warme Wind über mein Gesicht fährt,

Die Vögel dabei mühelos in den Himmel trägt,

Dann ist die Freude des Lebens schier unermesslich.

 

Wenn ich in einer klaren Nacht zum Firmament aufblicke,

Dem Mond in Gedanken auf seiner uralten Bahn folge,

Den Welten unserer Sonne, dem Lebensspender nachspüre,

Und der Geist beflügelt durch das prachtvolle Sternenmeer reist,

Dann ist die Erhabenheit der Schöpfung allgegenwärtig.

 

Doch das alles ist trost- und seelenloses Ödland,

Ohne den einen funkelnden Stern in meinem Leben,

So das Dein Herzschlag schon vor Deiner Geburt

Den Rhythmus meiner Welt prägte.